Helfersyndrom: Willst du nur helfen oder suchst du nach Anerkennung?

Lesezeit von 5 Minuten

Jemanden helfen ist für dich eine Selbstverständlichkeit. Aber Hilfsbereitschaft kann pathologisch werden. Geht es dir wirklich darum, zu helfen, oder willst du dich nur moralisch überlegen fühlen? Was empfindest du genau? Ist das womöglich das Helfersyndrom?

Ein typisches Zeichen für die übertriebene Hilfsbereitschaft ist ein starkes Ungleichgewicht in der Beziehung. Doch du kannst das Helfersyndrom überwinden und die Balance wiederherstellen.

Helfersyndrom: Was ist das?

Der erste Schritt zur Problembewältigung besteht darin, die Bedeutung des Helfersyndroms zu erkennen. Dieser Begriff wurde 1977 von dem Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer geprägt. Er zeigt an, dass sich die betroffenen Menschen überwiegend in der Rolle des Helfers sehen. Es handelt sich um eine Art Diagnose, die allerdings nicht in den psychiatrischen Systemen auftaucht.

Die Hilfestellung an sich gilt als moralisch gute Tat. Doch das ständige Hilfsangebot kann zu einer Sucht werden. Wer sich als Helfer aufopfert, fühlt sich gebraucht und damit wertvoll. Es tut gut, wenn andere auf die Hilfsbereitschaft angewiesen sind. Doch wenn du vom Helfersyndrom betroffen bist, übergehst du deine eigenen Wünsche. Du verlernst, Nein zu sagen. Du lässt dich ausnutzen – und das gefällt dir sogar. Allerdings kann diese permanente Hilfe zur Belastung werden und zum Burn-out führen.

Typische Ursachen für das Helfersyndrom

Meistens liegen die Ursachen für das Helfersyndrom in der Kindheit. Schmidbauer und andere Psychoanalytiker führen die extrem hilfsbereite Haltung auf ein unausgeglichenes Elternhaus zurück. Zu wenig Liebe, Geborgenheit und Unterstützung können bei den Betroffenen Minderwertigkeitskomplexe auslösen. Diese wecken den Wunsch, sich durch das Helfen zu einer wichtigen Person zu machen. Schon Kinder erarbeiten sich damit mehr Anerkennung.

Gleichzeitig wächst die Abhängigkeit zwischen der helfenden und bedürftigen Person. Doch im Vordergrund steht das Streben nach Zuneigung und Dankbarkeit.

Menschen mit Helfersyndrom glauben, mehr wert zu sein. Sie sehen sich als leidensfähige Opfer – und gleichzeitig als bewundernswerte Helfer. Das kann auch narzisstische Züge haben.

helfersyndrom test

Bist du ein Helfer? So erkennst du, ob du das Helfersyndrom hast

Die psychologischen Hintergründe des Helfersyndroms sind nicht immer auf einen Blick zu durchschauen. Manchmal verbirgt sich die Rollenverteilung hinter einer Fassade, in anderen Fällen überlagern andere Eigenschaften die pathologische Hilfsbereitschaft. Es gibt verschiedene Symptome für das Helfersyndrom. Abhängig von den Ursachen und der Ausprägung des Helfersyndroms kann ein Coaching oder eine Psychotherapie sinnvoll sein.

Wichtige Warnsignale aus dem Helfersyndrom Test:

  • Deine eigenen Wünsche stehen immer hintenan: Die Bedürfnisse anderer Menschen sind dir wichtiger.
  • Du überhörst deine innere Stimme.
  • Deine Hilfe drängst du auch dann auf, wenn sie nicht gefordert wird. Das kann übergriffig wirken, denn die anderen Menschen fühlen sich davon eingeschränkt oder belästigt.
  • Du kannst keinen jammernden Personen zuhören, ohne Hilfe anzubieten, weil du sonst ein schlechtes Gewissen bekommst.
  • Deine freiwillige Hilfe führt zu Enttäuschungen und manchmal sogar zu Schäden.
  • Du siehst deine Helferrolle als moralisch wertvoll an und stellst dich damit über die normale Gesellschaft.
  • Viele Menschen sind deiner Meinung nach undankbar und erkennen deine Leistung nicht genügend an.
  • Für Menschen, denen es schlecht geht, übernimmst du eine gewisse Mitverantwortung. Du glaubst, das bist du deiner sozialen Einstellung schuldig.
  • In einer toxischen Beziehung siehst du als pathologischer Helfer nicht, dass du in eine Co-Abhängigkeit rutschst. Das verstärkt das Leid auf beiden Seiten.
  • Du kannst selbst keine Hilfe annehmen.
  • Du fühlst dich wegen deiner ständigen Hilfe erschöpft und ein Burn-out droht.
  • Durch deine Hilfsbereitschaft leidest du unter psychosomatischen Erkrankungen bis hin zu depressiven Stimmungen.

5 Gefahren des Helfersyndroms

Wer sich in der Helferrolle wohlfühlt, sieht keine Risiken in dieser Haltung. Doch das Helfersyndrom kann große Probleme verursachen, und zwar für alle Seiten. Die Risiken sind dabei eng miteinander verknüpft.

  • Die pathologischen Helfer verlieren ihre Konfliktfähigkeit, denn sie lassen keine Kritik zu.
  • Wer sich wegen seiner großen Hilfsbereitschaft überlegen fühlt, spielt sich zu einer moralischen Machtposition auf.
  • Die Abhängigkeiten der zwischenmenschlichen Beziehungen verstärken sich.
  • Eine charakteristische Folge der versteckten Egozentrik im Helfersyndrom ist der Narzissmus.
  • Oft führt das Helfersyndrom zu einer toxischen Beziehung.

Wie du Hilfe für das Helfersyndrom bekommst

Wenn du befürchtest, dass dich das Helfersyndrom im Griff hat, hilft dir Selbsterkenntnis weiter. Indem du dir bewusst machst, was das Helfersyndrom ist, beginnst du bereits mit der Bewältigung. Einige Schritte kannst du selbst einleiten:

  • Lass die Finger von Hilfestellungen, die nicht eindeutig erforderlich sind.
  • Hilf nicht aus Ungeduld, sondern trau den anderen mehr zu.
  • Nimm deine Gefühle wahr und prüfe, warum du helfen willst: Möchtest du nur ein „Danke” hören? Hast du Angst, dass dich niemand mag, wenn du Nein sagst?
  • Entspannungsübungen trainieren deine Geduld und bringen dich in eine innere Balance.
  • Ein gutes Zeitmanagement ist eine gute Vorbeugung gegen Überlastung und Burn-out.

Ein antrainiertes Helfersyndrom lässt sich nicht so leicht überwinden. In dir sträubt sich alles dagegen, nicht zu helfen. Du könntest ausgegrenzt werden. Es ginge doch viel schneller, wenn du zupackst. Die anderen können das nicht so gut.

Um diese Glaubenssätze zu überwinden, brauchst du vielleicht Hilfe von außen:

  • Ein Coaching unterstützt dich dabei, deine Gedankenwelt zu erforschen und deine unterdrückten Gefühle auszuloten.
  • Beim Meditieren findest du deine Gelassenheit wieder und lernst, zu entspannen.
  • In sozialen Berufen finden immer wieder Beratungen und Supervisions-Gespräche statt. Hier geht es um die persönliche Motivation und das dynamische Verhältnis zwischen Helfer und hilfsbedürftiger Person.
  • Eine Psychotherapie geht in die Vergangenheit hinein. So erfährst du, woher deine Hilfsbereitschaft kommt und welches Maß erträglich ist.

5 Tipps zur Vorbeugung des Helfersyndroms

Folgend möchten wir dir fünf Tipps zur Vorbeugung des Helfersyndroms mit auf den Weg geben.

  1. Erkenne deine persönlichen Bedürfnisse und setz dich für sie ein. Verdränge deine Wünsche nicht, sondern bleib dir treu.
  2. Überlege dir vor jeder Hilfe deine Motive. Handelst du eigennützig – möchtest du dich nur besser (wertvoller, anerkannt) fühlen?
  3. Prüfe deine Belastbarkeit und Resilienz: Mute dir nicht zu viel zu.
  4. Sag auch einmal Nein, vor allem, wenn ein Ja gegenüber Hilfsbedürftigen deinen eigenen Bedürfnissen widerspricht.
  5. Nimm dir regelmäßig Auszeiten, um Stress abzubauen und Energie aufzutanken.

Das Helfersyndrom überwinden

Wer in der Helferrolle ist, übersieht oft das Ungleichgewicht in seiner Beziehung und auch im Verhältnis zu anderen Menschen, mit denen er zu tun hat. So können toxische Beziehungen entstehen: Der eine Partner erwartet immer, dass der andere hilft. Der Helfer fühlt sich wohl in seiner gewohnten Rolle – oder hat sich jedenfalls daran gewöhnt. Doch eine gesunde Partnerschaft funktioniert nur auf Augenhöhe.

Ein Beziehungstest zeigt dir, ob du vielleicht in einer Co-Abhängigkeit steckst oder ob ein Burn-out droht. Bei Greator kannst du nachlesen, welche Zeichen auf eine toxische Beziehung hinweisen. So eine unausgewogene Partnerschaft kannst du nicht dauerhaft aushalten. Sie schwächt dein Selbstwertgefühl, auch wenn du glaubst, dass du gebraucht wirst.

Der Persönlichkeitstest von Greator gibt auch Aufschluss über deinen Charakter und deine Beziehungsfähigkeit. Lerne, dir selbst zu vertrauen – und dir selbst zu helfen. Mit der richtigen Portion Selbstliebe und Achtsamkeit stellst du dein eigenes inneres Gleichgewicht wieder her.

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Geprüft von Dr. med. Stefan Frädrich

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