Richtig loslassen – das kann manchmal ein langer Weg sein. Den hat auch Shary Reeves hinter sich. Daher wünscht sie sich mehr Menschen, die aufstehen und ihre Stimme gegen Rassismus und Diskriminierung erheben. Sie sagt: „Es muss gewährleistet sein, dass es in einer Gruppe von 50 oder 60 Menschen immer ein paar Personen gibt, die sagen: So geht’s nicht! Wir Menschen sehnen uns danach, geführt zu werden. Es ist wie beim Fußballspiel: Du brauchst immer drei, vier Spieler, die vorgehen. Dann entsteht in der Gemeinsamkeit eine Energie, die so viel stärker ist als Negativität.“
Apropos Fußball: Der Sport ist eine der wenigen Konstanten, die sich durch Shary Reeves Leben zieht. Im Interview erzählt sie: „Fußball hat mich in sozialer Hinsicht sehr geprägt. Dadurch habe ich erfahren, was es heißt, gemeinsam zu gewinnen. Und gewinnen zu wollen, ist ein menschlicher Instinkt. Der Mensch muss auch mal das Gefühl haben, besonders sein zu dürfen.“
Von der Spitzensportlerin zur Moderatorin: Shary Reeves spielte in der deutschen Bundeliga, wechselte dann aber in den Medienbereich, in dem sie deutlich mehr Geld verdienen konnte. Sie erzählt: „Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen, und habe zunächst gemeinsam mit meinen Geschwistern Musik gemacht.“ Ihre Band „Sqeezer“ war mehrere Jahre lang erfolgreich. Am Ende entschieden sich die Geschwister jedoch, karrieremäßig getrennte Wege zu gehen.
Ich habe Freundschaften losgelassen, die mir nicht gut taten.
Shary Reeves
Durch Zufall ergatterte die Kölnerin einen Moderatorenjob beim WDR. Neben der Moderation war Shary Reeves auch als Schauspielerin in der Vorabendserie „Marienhof“ tätig. Sie berichtet: „Es war eine schöne Zeit, aber ich habe relativ schnell gemerkt, dass die eigentliche Soap hinter den Kulissen stattfand. Ich empfand es als sehr anstrengend. Es gab Schauspieler, die sich am Arbeitsplatz therapiert haben und mir regelrecht Freundschaften aufgezwungen haben, die ich nicht wollte. Ich habe das damals mitgemacht, aber mich irgendwann von Personen gelöst, die mir nicht gut taten.“
Anschließend moderierte Shary Reeves 16 Jahre lang die Kinderserie „Wissen macht Ah!“. Sie erzählt: „Es war ein tolles Format und eine verdammt gute Konstellation von Menschen, die es geschafft haben, andere Menschen zu erreichen. Wir waren authentisch und glaubwürdig mit dem, was wir getan haben. Ich durfte Teil eines der geilsten Formate für Kinder und Jugendliche sein, das es je gegeben hat.“
Doch Shary Reeves musste auch tragische Schicksalsschläge erleiden. Ihr Bruder, der aufgrund seiner Musik deutschlandweit bekannt war, wurde brutal ermordet. Kurze Zeit später starb ihr Vater – ebenfalls durch einen schrecklichen Mord. Sie erzählt: „Als ich auf dem Weg zur Beerdigung meines Vaters war, starb auch meine Pflegemama. Für mich war der Tag, an dem sie starb, gar nicht real.“
Wenn Shary Reeves heute gefragt wird, wie man mit solch schrecklichen Situationen umgeht, dann antwortet sie: „Man darf das Offensichtliche nicht außer Acht lassen. Und das Offensichtliche ist, dass zum Leben sowohl der Tag als auch die Nacht gehört. Das habe ich sehr früh verstanden.“