Gewaltfreie Kommunikation: Sage deine Meinung, ohne andere zu verletzen

Lesezeit von 7 Minuten

Wenn Menschen miteinander sprechen, nennt man das Kommunikation. Sich miteinander unterhalten und Informationen auszutauschen, ist ein Weg, Kontakte zu knüpfen und Beziehungen aufzubauen. Jedoch entstehen durch ungünstige Wortwahl oder ungeeignete Ausdrucksweise oft Missverständnisse, die zu Konflikten heranwachsen können.

Jeder kennt Situationen, in denen ein falsches Wort genügt, damit die Lage eskaliert. Unachtsamkeit und unbedacht gewählte Formulierungen können dazu führen, dass sich der Gesprächspartner persönlich angegriffen fühlt und entsprechend reagiert.

Gewaltfreie Kommunikation ist eine Methodik, die entwickelt wurde, um auch schwierige Themen so anzusprechen, dass diese vom Gegenüber richtig verstanden werden. Der Grundgedanke dabei ist, dass es beim Kommunizieren nicht nur darauf ankommt, was gesagt wird, sondern vor allem, wie man sich ausdrückt.

Die gewaltfreie Kommunikation soll dabei helfen, auch in einer komplizierten Angelegenheit oder einer heiklen Lage immer die richtigen Worte zu finden.

Was ist Gewaltfreie Kommunikation?

Informiert man sich über die gewaltfreie Kommunikation Definition, stellt man fest, dass es sich um eine vom US-Psychologen Rosenberg entwickelte Kommunikationsmethode handelt. Marshall B. Rosenberg bezeichnete das von ihm erarbeitete Konzept der gewaltfreien Kommunikation auch als Giraffen-Methode. Denn die Giraffe dient als Symboltier für das gewaltfreie Kommunizieren, da sie verglichen mit anderen Landsäugetieren das größte Herz hat. Das Herz steht für Mitgefühl, während der lange Giraffenhals die Weitsicht symbolisieren soll.

Der US-Psychologe und Mediator ging davon aus, dass jeder Mensch durch seine individuellen Bedürfnisse, die grundsätzlich lebensdienlich sind, motiviert wird. Aufgrund eigener negativer Erfahrungen beschäftigte er sich mit den Ursachen von Kommunikationsproblemen. Er gelangte zur Überzeugung, dass dauerhaft friedliche Beziehungen nur durch echtes Einfühlungsvermögen im zwischenmenschlichen Miteinander möglich sind.

Gewaltfreie Kommunikation: Effiziente Methode, um empathischen Kontakt zu fördern

Daher ist die gewaltfreie Kommunikation Rosenberg zufolge eine effiziente Methode, die dabei unterstützen soll, den empathischen Kontakt zu fördern und somit die Kommunikation zu verbessern. Das bedeutet, dass es möglich ist, mit jedem Menschen einfühlsam umzugehen, auch wenn man auf der Handlungsebene nicht mit dessen Meinung oder Argumentation einverstanden ist.

Die gewaltfreie Kommunikation geht von der Grundannahme aus, dass jeder Mensch von Natur aus ein soziales Wesen ist, das anderen gegenüber positiv eingestellt ist. Menschlich und authentisch zu kommunizieren ist im Beruf, aber auch privat eine Schlüsselfähigkeit. Das von Marshall B. Rosenberg entwickelte Handlungskonzept ist alltagstauglich und wird mittlerweile in:

  • Familienleben
  • Schule und Universität
  • Unternehmen und Organisationen
  • Beratung und Psychotherapie

praktiziert.

Gewaltfrei kommunizieren führt zu mehr gegenseitigem Verständnis und Wertschätzung füreinander. In seinem gewaltfreie Kommunikation Buch beschrieb Rosenberg, dass die Ursachen zwischenmenschlicher Konflikte darin bestehen, dass Bedürfnisse einfach falsch kommuniziert werden.

Dein Partner*in wird dich nicht verstehen, wenn du deine Wünsche nicht präzise formulierst, eine abwertende oder verurteilende Sprache verwendest. Um diese Kommunikationsfehler zu vermeiden, definierte Rosenberg vier Faktoren für eine gewaltfreie Kommunikation.

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Die 4 Schritte der Gewaltfreien Kommunikation

Fühlst du dich oft unverstanden? Ärgerst du dich darüber, dass andere keine Rücksicht auf deine Wünsche nehmen? Gelingt es dir, bei Auseinandersetzungen deinen Standpunkt zu vertreten, ohne deinem Gegenüber Vorwürfe zu machen? Um gewaltfrei zu kommunizieren, gilt es, einige Dinge zu beachten. Die vier Schritte der gewaltfreien Kommunikation werden wie folgt beschrieben:

  1. Beobachtung
  2. Gefühle
  3. Bedürfnis
  4. Bitte

Diese vier Faktoren bilden die Grundpfeiler einer gewaltfreien Kommunikation. Die 4-Schritte-Methode soll helfen, Konfliktsituationen in unterschiedlichsten Lebensbereichen besser zu meistern.

Probleme offen und in einem angemessenen Tonfall ansprechen

Gewaltfreie Kommunikation ermöglicht, die eigenen Bedürfnisse deutlich zu formulieren, miteinander anstatt gegeneinander zu reden und gemeinsam an einer konstruktiven Lösung zu arbeiten. Damit dies geschieht, ist es wichtig, Probleme offen und in einem angemessenen Tonfall anzusprechen.

1. Vermeide Behauptungen und Beleidigungen

Gewaltfrei kommunizieren beginnt mit dem 1. Schritt. Das ist die Beobachtung. Nehmen wir an, du sprichst mit deinem Gegenüber über eine bestimmte Situation, eine Aufgabe oder ein Problem. Versuche, so objektiv und wertfrei wie möglich zu bleiben. Sprich aus, was du denkst und formuliere Fakten. Vermeide unsachliche Behauptungen sowie Beleidigungen aller Art.

2. Gewaltfreie Kommunikation: Wie ist dein Befinden?

Im 2. Schritt geht es um dein Befinden. Spüre in dich hinein und mache dir bewusst, wie es dir in dieser Situation, in diesem Gespräch oder bei dieser Diskussion geht. Was lösen die Worte deines Gesprächspartners bei dir aus? Erkläre ihr oder ihm, ob du wütend, traurig, verwundert oder überfordert bist. Drücke dich so klar wie möglich aus, damit der andere versteht, was dieser emotional bei dir ausgelöst hat.

3. Was sind deine Bedürfnisse?

Bedürfnisse stehen im 3. Schritt der gewaltfreien Kommunikation im Mittelpunkt. Es geht darum, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen. Teile der Person, mit der du sprichst mit, was du fühlst. Welches Bedürfnis entsteht bei dir aufgrund dieser Situation, in der du dich befindest? Was muss geschehen oder was muss sich ändern, damit deine Wünsche erfüllt werden?

4. Verbinde deine Bitte mit einer Aufforderung

Der 4. Schritt ist eine Bitte. Diese Bitte ist mit einer Aufforderung verbunden. Nachdem du deine Bedürfnisse klar und deutlich formuliert hast, forderst du dein Gegenüber auf, sich in Zukunft entsprechend zu verhalten. Sprich deine Wünsche höflich, aber unmissverständlich aus.

Betone, was dir wichtig ist. Bleibe dabei sachlich und freundlich. Das Ziel der gewaltfreien Kommunikation ist eine empathische Verständigungsweise, die ohne Vorwürfe und Beleidigungen auskommt.

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Gewaltfreie Kommunikation: 3 Beispiele

Die gewaltfreie Kommunikation ist ein alltagstaugliches Kommunikationsmodell. Sie kann grundsätzlich überall eingesetzt werden, auf dem Schulhof ebenso wie im Hörsaal, im Büro oder zu Hause. Kommunikationsprobleme können im Kontakt mit Vorgesetzten und Kollegen, Geschäftspartnern und Kunden, Familie und Freunden auftreten. Damit die private Unterhaltung, der Geschäftstermin oder das Gespräch mit Arbeitskollegen nicht aus dem Ruder laufen, ist es wichtig, empathisch und gewaltfrei zu kommunizieren.

Diese drei Beispiele für gewaltfreie Kommunikation sollen die Grundlagen dieses Kommunikationskonzepts verdeutlichen.

1. Beispiel

Im ersten Beispiel geht es um einen typischen Vorfall im Büro. Eine Mitarbeiterin belehrt die andere: „Du machst das immer noch falsch. Dabei habe ich es dir schon hundertmal erklärt.“

Das Problem: Vorwürfe minimieren die Kooperationsbereitschaft. Eine gewaltfreie Kommunikation hingegen bewirkt, dass Verständnis für den anderen entsteht. Die richtige Ansprache wäre hier gewesen: „Leider ist der Fehler noch nicht behoben. Ich zeige dir gern noch einmal, wie es funktioniert, aber ich wünsche mir, dass du dich zukünftig mehr einsetzt.“

2. Beispiel

Das 2. Beispiel bezieht sich auf den Alltag in einer Beziehung. Er kommt später nach Hause, das Abendessen ist längst kalt geworden. Sie ist deshalb verärgert und schimpft „Kannst du nicht wenigstens einmal pünktlich sein? Deinetwegen stehe ich stundenlang in der Küche und koche für dich, während dir wohl alles egal ist!“ Durch die feindliche Haltung seiner Partnerin genervt, reagiert der Mann ebenfalls mit Vorwürfen.

Ein kleines Malheur entwickelt sich zum großen Konflikt. Gewaltfreie Kommunikation sieht in diesem Fall so aus: Sie sagt: „Ich freue mich, dass du zu Hause bist, aber ich bin genervt, weil du so spät kommst. Es ist schade, dass das Essen, das ich für uns beide gekocht habe, schon kalt ist.“ Als Folge dieser freundlichen, aber direkten Ansprache wird er lernen, sich in Zukunft anders zu verhalten.

3. Beispiel

Beim 3. Beispiel steht die Konversation zwischen Mitarbeiter und Führungskraft im Mittelpunkt. Anlässlich eines Feedback-Gesprächs erklärt die Teamleiterin ihrem Kollegen: „So geht es wirklich nicht weiter. Sie sind wohl an Ihrem Job überhaupt nicht interessiert“. Hinter Wut und Ärger verbergen sich meistens unerfüllte Bedürfnisse. Die Führungskraft ist frustriert, da ein Teammitglied ihre Erwartungen nicht erfüllt.

Authentisch und gewaltfrei kommunizierend, hätte sie das folgendermaßen sagen können: „Ich bin enttäuscht, dass Sie sich so wenig für unser Projekt engagieren. Ich wünsche mir, dass Sie ab sofort zusätzliche Aufgaben übernehmen. Geben Sie mir Bescheid, falls Sie Fragen haben oder es Probleme gibt“.

Gewaltfreie Kommunikation versetzt uns in die Lage, ungeeignete Gedanken- und Sprachmuster abzulegen und diese durch eine neue Verhaltensweise zu ersetzen. Der Einsatz von Ich-Botschaften spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Gewaltfreie Kommunikation lernen: 5 Übungen

Ist die Art und Weise, wie Menschen normalerweise miteinander kommunizieren, gewalttätig? Vorwürfe äußern, Schimpfworte und Beleidigungen aussprechen oder übermäßiges Kritisieren ist zwar nicht als gewalttätig einzustufen, jedoch ist diese Kommunikationsweise nicht förderlich.

Für Dinge, die wir selbst beeinflussen können, sind wir verantwortlich. Dazu zählen beispielsweise unsere Denkweise, Fühlen und Handeln sowie der Umgang mit unseren Worten.

Gewaltfreie Kommunikation ist:

  • achtsam
  • empathisch
  • selbstbestimmt
  • wertschätzend

Empathisch und gewaltfrei zu kommunizieren ist erlernbar. Eine klare und deutliche Ausdrucksweise ist grundsätzlich in jeder Situation hilfreich. Im Beruf gehört die gewaltfreie Kommunikation zu den Softskills, die insbesondere von Führungskräften erwartet werden.

Mit diesen 5 Übungen für eine gewaltfreie Kommunikation trainierst du deine Kommunikationskompetenzen.

Gewaltfreie Kommunikation hilft:

  • mit anderen Menschen besser zu kommunizieren
  • Konflikte leichter zu bewältigen
  • Kommunikationsprobleme am Arbeitsplatz und in privaten Beziehungen zu reduzieren
  • eine positive Kommunikationskultur aufzubauen

1. Übung: Unterscheide Beobachtung von Bewertung

Beobachte dich und andere wertfrei. Urteile nicht voreilig über andere Menschen. Sprich über deine Beobachtungen, zum Beispiel: „Mir ist aufgefallen, dass der Brief noch nicht abgeschickt wurde“ und nicht: „Du hast wohl wieder mal vergessen, die Post wegzubringen“.

2. Übung: Lerne, deine Gefühle auszudrücken

Menschen fällt es häufig schwer, über Gefühle zu sprechen. Dabei sind Emotionen vor allem in zwischenmenschlichen Beziehungen ein wichtiges Thema. Lerne, deine Gefühle auszudrücken, wenn du mit deinem Partner*in sprichst. Beispielsweise: „Ich bin traurig, dass du heute keine Zeit für mich hast!“ anstatt: „Nie kümmerst du dich um mich“.

3. Übung: Erkenne und akzeptiere deine Bedürfnisse

Damit du anderen Menschen deine Bedürfnisse mitteilen kannst, musst du zunächst selbst wissen, was du willst. Was ist dir wichtig? Brauchst du Verständnis, Sicherheit oder mehr Zuwendung? Sprich aus, was du denkst und teile anderen deine Wünsche mit, ohne ihnen Vorwürfe zu machen. Zum Beispiel: „Ich brauche jetzt meine Ruhe.“ und nicht: „Sei gefälligst nicht so laut!“

4. Übung: Sprich deine Bitte aus

Der Abschluss eines Gesprächs enthält eine Bitte um eine konkrete Handlung. Sprich deine Bitte so aus, dass der andere diese versteht. Vermeide schwammige Formulierungen oder Vorwürfe. Bleibe respektvoll und begegne deinem Gesprächspartner auf Augenhöhe.

5. Selbstreflexion

Reflektiere dein Verhalten. Was lief heute richtig gut? Worüber hast du dich geärgert Wenn dich dein Gegenüber verbal verletzt hat, frage dich, was du daraus lernen kannst. Wie könntest du deine Bedürfnisse besser beschreiben?

Weißt du, wie sich die andere Person im Gespräch mit dir gefühlt hat? Ziehe deine Rückschlüsse. Arbeite daran, deine Wünsche und Bedürfnisse klar zu formulieren. Äußere deine Wünsche als Bitte und nicht als Forderung.

Fazit

Gewaltfreie Kommunikation ist eine Methode, die in allen Bereichen des Lebens anwendbar ist. Das vom US-Psychologen Rosenberg entwickelte 4-Schritte-Modell hilft, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen, klarer zu kommunizieren und zwischenmenschliche Konflikte besser zu bewältigen.

In einer Beziehung ist die richtige Kommunikation von besonderer Wichtigkeit. In unserem Beziehungswebinar erfährst du, wie eine klare, wertschätzende Kommunikation mit dem Partner aussieht, wie du Beziehungs-Konflikte schneller löst oder deren Entstehung vermeidest.

Als effizientes Kommunikationsmodell wird gewaltfreie Kommunikation im schulischen, wirtschaftlichen und therapeutischen Umfeld bei Gesprächen und Diskussionen verwendet.

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