Es gibt Kinder, die beschäftigen sich am liebsten allein. Sie wirken häufig sehr nachdenklich und stellen erstaunlich tiefgründige Fragen. Gleichzeitig sind sie außerordentlich mitfühlend und reagieren sehr empfindlich auf verschiedenste Reize. Beobachtest du Ähnliches bei deinem Kind? Dann könnte es durchaus hochsensibel sein. Aber was genau bedeutet „hochsensibel Kind" eigentlich? Und wie geht man mit einem hochsensiblen Kind richtig um? Im Folgenden klären wir alle deine Fragen.
Seit den 1990er Jahren fanden die Begrifflichkeiten „Hochsensibilität“ und „hochsensibel Kind“ verstärkt Einzug in die Psychologie. Verantwortlich dafür war unter anderem die US-amerikanische Psychologin Elaine Aron, die zu jener Zeit die Bücher „Sind Sie hochsensibel?“ und „Das hochsensible Kind“ veröffentlichte.
Nicht zu vergessen ist aber auch, dass die Zahl der hochsensiblen Kinder mit fortschreitender Modernität und Digitalisierung zunimmt. Kinder sind immer mehr Reizen ausgesetzt, die sie nicht immer ohne weiteres verarbeiten können. Hochsensible Kinder und Erwachsene haben zunehmend Probleme, mit dieser enormen Reizüberflutung umzugehen und fallen deshalb deutlicher auf, als noch vor wenigen Jahrzehnten. Das ist ein weiterer Grund, warum das Thema Hochsensibilität immer mehr Aufmerksamkeit bekommt.
Übrigens: Zahlreiche Psychologen sehen die Bezeichnung „hochsensibel Kind“ eher kritisch. Sie fürchten, damit würde etwas Negatives assoziiert werden, wie beispielsweise eine Überempfindlichkeit. Sie sprechen lieber von hochsensitiven Persönlichkeiten, was ihrer Meinung nach deutlich positiver klingt.
Experten zufolge zeigt wohl jede 5. Person typische Merkmale einer Hochsensibilität. Aber wie entsteht sie eigentlich?
Das Nervensystem von hochsensiblen Personen reagiert sehr empfindlich und nimmt selbst kleinste Reize, auf die andere noch gar nicht reagieren, wahr, denn diese verfügen über deutlich mehr Neurotransmitter. Hierbei handelt es sich um Botenstoffe im Gehirn, die die Informationen der erregten Nervenzellen an weitere Zellen des Körpers übermittelt. An dieser Stelle hat der Mensch eigentlich einen eingebauten Filter, der entscheidet, welche Information wichtig genug ist, um weitergeleitet zu werden, und welche nicht. Bei hochsensiblen Menschen gibt es diesen Filter nicht.
Irgendwann sind die Reize, die von Zelle zu Zelle übermittelt werden, einfach zu viel und heftige Reaktionen wie zum Beispiel plötzliche Aggression können sich zeigen. Andere hingegen ziehen sich lieber rasch zurück und reduzieren die Reize auf diese Art und Weise. Für deren Umfeld sind diese Verhaltensweisen oft schwer zu verstehen.
Hochsensible Kinder und auch Erwachsene nehmen deutlich mehr Reize als andere wahr und erleben alles viel intensiver – soweit so gut. Aber wie genau kannst du denn nun erkennen, ob dein Kind wirklich hochsensibel ist? Wir haben die 5 wichtigsten Merkmale für dich zusammengetragen.
Kinder haben noch unglaublich viel zu lernen. Viele Dinge sind völlig neu für sie, weshalb sie ohnehin schon deutlich mehr Reizen ausgesetzt sind, als Erwachsene. Ist das Kind jetzt auch noch hochsensibel und hat große Probleme damit, all die Einflüsse, die auf es einprasseln, zu filtern, läuft das Fass schnell über.
Von einer Sekunde auf die andere zeigen sie Ausbrüche von Wut, beginnen zu weinen oder rennen in ihr Kinderzimmer und knallen die Tür zu. Diese Reaktionen sind ihr Ventil, um all den Stress, der sich aufgrund dieser unzähligen Reize plötzlich aufbaut, loszuwerden.
Ein hochsensibles Kind beobachtet sehr viel und ist lieber nur dabei, anstatt mittendrin. Von außen hat es alles im Blick und kann all die Reize kontrollierter wahrnehmen. Es zeigt sich sehr nachdenklich, denn tatsächlich analysiert es gern und zerbricht sich den Kopf über viele Dinge, die für sein Alter untypisch sind. Es stellt dir deshalb auch häufig tiefgründige Fragen, die du von einem Kind in diesem Alter noch nicht erwarten würdest.
Aufgrund ihres beobachtenden Verhaltens werden hochsensible Kinder nicht selten eher zu Einzelgängern. Das liegt nicht etwa daran, dass sie Probleme damit hätten, Kontakte zu knüpfen oder sich in einer Gruppe zurechtzufinden. Sie wählen den Weg des Einzelgängers selbst, weil sie so besser beobachten und ihren Gedanken in Ruhe nachgehen können. Zwischenmenschliche Beziehungen empfinden sie oft als anstrengend, weshalb sie gern auch allein spielen.
Hochsensible Kinder wissen zwar in der Regel nicht, dass sie hochsensibel sind, können aber durchaus einschätzen, welche Situation sie reiz-technisch überfordern wird. Am wohlsten fühlen sie sich, wenn sie kontrollieren können, was passiert.
Deshalb begeben sie sich nur ungern in Situationen, in denen sie nicht wissen, was als nächstes geschehen wird. Sie sichern sich gern ab und gehen im Kopf unzählige mögliche Szenarien durch. Für jedes dieser Szenarien legen sie sich mehrere Strategien fest, wie sie sie meistern können.
Für jedes Kind ist es wichtig, in einem harmonischen Umfeld aufzuwachsen, klar. Aber für ein hochsensibles Kind ist das von noch viel größerer Bedeutung. Es nimmt schon die kleinsten Spannungen intensiv wahr und leidet teils stark darunter. Selbst wenn sich andere streiten, fühlt es mit, als wäre es selbst betroffen, denn es ist ausgesprochen empathisch.
Stauen sich negative Emotionen an, reagiert ein hochsensibles Kind schnell mit Wut oder Aggression. Verspürt es hingegen starke positive Gefühle, muss es auch sie irgendwie loswerden. Das geschieht mit Freudenschreien, Umherrennen, es drückt das liebste Kuscheltier ganz fest an sich oder bittet Eltern oder andere Vertraute, es ganz fest zu umarmen.
„Der Pullover kratzt!“ „Das Essen fühlt sich seltsam in meinem Mund an!“ „Mir gefällt nicht, wie sich dieses Spielzeug in meiner Hand anfühlt!“ Diese und ähnliche Sätze sind typisch für hochsensible Kinder.
Sie nehmen nicht nur Gefühle auf Emotionsbasis, sondern auch auf sensorischer Basis ganz intensiv wahr. Sie frieren oft auch deutlich schneller oder es wird ihnen schnell sehr warm. Das liegt aber unter anderem auch am Stress, den sie verspüren, wenn unzählige Reize auf sie hinein prasseln.
Fast alles im Leben hat seine Vor- und Nachteile. Ja, sogar Hochsensibilität hat seine guten Seiten. Das Thema „Hochsensibel Kind“ und Vorteile passen für dich überhaupt nicht zusammen? Dann lies weiter und lass dich eines Besseren belehren!
Ein hochsensibles Kind hat sehr feine Antennen. Es spürt sofort, wenn eine andere Person etwas bedrückt, und verhält sich sehr empathisch. Es kann sich hervorragend in sie hineinversetzen und nachvollziehen, wie sie sich gerade fühlt. Und es scheint, als hätte dein Kind einen siebten Sinn.
All das, was anderen entgeht, nimmt es wahr, denn es ist sehr aufmerksam. Deshalb fällt es ihm oft leichter, Sachverhalte zu verstehen, denn es ist in der Lage, zwischen den Zeilen zu lesen. Nicht selten kommt es vor, dass es sich mit anderen nahezu ohne Worte versteht, denn es weiß genau, was sein Gegenüber gerade versucht, auszudrücken.
Die Themen „Hochsensibel Kind" und „Gewissenhaftigkeit" sind eng miteinander verbunden, denn die Kleinen denken voraus. Sie haben immer einen oder sogar mehrere Pläne, wie sie unvorhersehbare Situationen am besten meistern können und handeln deshalb nur sehr selten unüberlegt. Sie können genau abwägen, welches Verhalten in welcher Situation am zielführendsten ist. Bei ihrer Entscheidung ziehen sie auch kleinste Details mit in Betracht.
Nicht selten ist zu beobachten, dass hochsensible Kinder besonders intelligent sind. Sie sind sehr interessiert und stellen viele Fragen, weil sie all die Reize, die sie wahrnehmen, und die Gründe, warum sie sie genau so erleben, verstehen möchten. Daraus resultieren oft beeindruckende Fragen, die Eltern immer wieder ins Staunen versetzen. Häufig können sie sich gar nicht erklären, wie ihr Kind auf eine derart intelligente Frage kommt, und müssen selbst erst einmal überlegen, was die Antwort darauf ist. Daraus resultieren übrigens auch oft ein sehr intelligenter Sinn für Humor und ein ausgeprägter Sinn für Ironie.
Leider gibt es keine goldene Regel dafür, wie du am besten mit einem hochsensiblen Kind umgehst. Das wäre ja auch zu schön, um wahr zu sein! Jedes Kind ist individuell und deshalb musst du als Elternteil geduldig herausfinden, womit es deinem Nachwuchs am besten geht. Doch ganz ohne Anhaltspunkte lassen wir dich natürlich nicht im Regen stehen. Achtest du auf die folgenden fünf Punkte, gehst du bereits große Schritte in die richtige Richtung!
Immer wieder ist zu beobachten, dass sich hochsensible Kinder unwohl in der Schule fühlen. Sie verlassen den geschützten Rahmen des Zuhauses und müssen sich erst einmal zurechtfinden. Doch leider kommt es nicht darum herum, sich den Herausforderungen der Bildungseinrichtung zu stellen. Problematisch ist allerdings, dass das Schulsystem nicht darauf ausgelegt ist, Kindern mit abweichenden Bedürfnissen gerecht zu werden.
Die Lehrkräfte zeigen sich oftmals überfordert, wenn es um das Thema „Hochsensibel Kind“ geht. Häufig stempeln sie diese Schülerinnen und Schüler als Problemfälle ab, weil sie nicht ins Raster passen. Dabei sind hochsensible Kinder meist deutlich intelligenter als ihre Klassenkameradinnen und –kameraden. Doch aufgrund all der Reize und Ablenkungen, die die Schule bietet, fällt es ihnen oft schwer, ihr volles Potenzial zu entfalten.
Hochsensible Kinder haben oftmals Probleme damit, sich auf das Unterrichtsgeschehen zu konzentrieren. Sie denken noch über etwas aus der letzten Stunde nach, haben bemerkt, dass es einer Mitschülerin oder einem Mitschüler nicht gut geht oder haben etwas im Lehrbuch entdeckt, das sie viel interessanter finden.
Ein Platz im Klassenzimmer in der Nähe der Lehrkraft kann dann von Vorteil sein. Wichtig ist aber vor allem erst einmal, dass du die Lehrerinnen und Lehrer in die Hochsensibilität deines Kindes einweihst. Wirkt es geistesabwesend, glauben diese häufig, es würde träumen und tadeln es. Dabei denkt es gerade nur intensiv über das aktuelle Thema nach und versteht gar nicht, warum es jetzt Ärger bekommt. Also grübelt es nun darüber und schweift somit wirklich vom Unterrichtsgeschehen ab.
Die Themen „Hochsensibel Kind“ und „überdurchschnittliche Intelligenz“ sind fest miteinander verwoben. Die Kinder sind dem Unterrichtsstoff oft schon voraus und langweilen sich deshalb in der Schule. Manchmal halten sie das Erledigen gewisser Aufgaben zu Hause oder auch in der Schule als sinnlos, denn sie beherrschen das Thema schon und brauchen keine Übung mehr.
Das kann schnell zu Konflikten führen. In diesen Fällen ist es wichtig, das hochsensible Kind individuell zu fördern, indem es beispielsweise etwas anspruchsvollere Hausaufgaben lösen kann oder den anderen im Unterricht einen neuen Sachverhalt erklären darf.
Hochsensible Kinder benötigen vor allem eins: Aufmerksamkeit. Das bedeutet nicht, dass sie ununterbrochen unter Beobachtung stehen sollen, denn sie haben gern Zeit für sich allein. Vielmehr ist gemeint, dass ihrer Hochsensibilität Gehör geschenkt wird, auch beim Lernen.
Wie du dein hochsensibles Kind beim Lernen am besten unterstützen kannst, erfährst du in unserem kostenlosen E-Book. Hier warten 10 wertvolle Tipps auf dich, die dein Kind auf seiner Reise durch die Schulzeit unterstützen.
Hast du selbst ein hochsensibles Kind, verstehst die Probleme, die Eltern und Lehrkräfte zu Beginn haben können, und möchtest sie unterstützen? Dann werde zum Lerncoach und hilf der nächsten Generation bei ihrer Entwicklung!