Sexualität im Alter: Alles andere als ein Tabuthema

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Sexualität im Alter: Alles andere als ein Tabuthema

Entgegen zahlreicher Vorurteile endet das Bedürfnis nach Sexualität keineswegs, nur weil wir ein gewisses Lebensalter erreichen. Dennoch ist das Thema Sex im Alter nach wie vor tabu behaftet. Diese Tatsache erschwert es vielen Senioren, eine erfüllte Sexualität auszuleben. Hinzu kommen oftmals körperliche und emotionale Probleme.

Keine Frage: Mit dem Alter verändert sich die Sexualität. Diese Veränderung muss aber nicht zwingend negativ sein. Ganz im Gegenteil. Es ist sogar möglich, Sex noch intensiver zu genießen als in jungen Jahren. Der nachfolgende Artikel gibt Aufschluss, wie das funktionieren kann.

Sexualität im Alter: Was ändert sich?

Dass die Libido sowie die Orgasmusfähigkeit bis ins hohe Alter bestehen bleiben, ist wissenschaftlich längst erwiesen. Dennoch verändert sich die Sexualität mit den Jahren erheblich. Frauen sowie Männer verspüren im höheren Lebensalter oftmals seltener sexuelles Verlangen, was sowohl auf körperliche als auch auf emotionale Ursachen zurückzuführen sein kann.

Diese natürlichen Veränderungen bedeuten aber keineswegs, dass das Liebesleben weniger erfüllt sein muss als in jungen Jahren. Das Thema Sex bekommt für viele langjährig verheiratete Paare lediglich einen neuen Stellenwert. Neben körperlicher Leidenschaft, die nach wie vor eine Rolle spielt, wird Sex vielmehr zum Ausdruck von Nähe und Verbundenheit.

Qualität vor Quantität: So könnte man das Sexualleben im Alter beschreiben. Während die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs zwar abnimmt, nehmen die Ansprüche hingegen zu. Erfahrene Menschen wissen schließlich, was sie möchten und was nicht. Dies kann im Hinblick auf ein erfülltes Liebesleben durchaus ein großer Vorteil sein.

6 Tipps für eine erfüllte Sexualität im Alter

Bei manchen Paaren schläft die Sexualität im Alter komplett ein. Sofern beide Parteien mit einer platonischen Liebe zufrieden sind, gibt es keinen Grund, sich unnötig unter Druck zu setzen. Falls jedoch der Wunsch nach Sexualität besteht, kannst du auch in höherem Lebensalter aktiv etwas zu einem erfüllten Liebesleben beitragen. Nachfolgend haben wir die sechs besten Tipps zusammengefasst.

1. Verinnerliche ein positives Körperbild

Zugegeben, es ist leichter gesagt als getan, dennoch ist es lohnenswert, sich von den geltenden Schönheitsidealen zu lösen. Akzeptiere deinen Körper mit all seinen Facetten. Du hast eine Menge Lebenserfahrung gesammelt, die man dir auch ansehen darf. Gehe liebevoll mit deinen vermeintlichen Makeln um. Nur wenn du mit dir selbst im Reinen bist, wirkst du für deinen Partner sexuell anziehend.

2. Lasse die Romantik nicht zu kurz kommen

Auch eine langjährige Beziehung will gepflegt werden. Wenn bei euch im Alltag keine erotische Stimmung mehr aufkommt, kann ein romantisches Wochenende oder auch nur ein liebevoll zubereitetes Abendessen bei Kerzenschein wahre Wunder bewirken. Umwerbe deinen Partner oder deine Partnerin, so wie du es zum Anfang eurer Beziehung gemacht hast.

3. Hilfsmittel sind eindeutig erlaubt

Eine häufige Ursache für sexuelle Unlust im Alter sind sexuelle Probleme wie Scheidentrockenheit oder Erektionsstörungen. Ersteres lässt sich jedoch mit Gleitgel wunderbar beheben. Männer müssen sich nicht schämen, wenn sie ihrer Erektion mit Potenzmittel auf die Sprünge helfen. Was zählt, ist einzig und allein das Ergebnis. Hilfsmittel sind kein Eingeständnis sexuellen Versagens.

Achtung: Solltest du chronisch krank sein oder Medikamente einnehmen, dann sprich die Einnahme zuvor mit deinem Arzt ab. Als Alternative zu Potenzmitteln kommt beispielsweise ein Spannring infrage. Achte jedoch auf die korrekte Anwendung.

4. Setze dich nicht unter Druck

Sexueller Leistungsdruck ist bereits in jungen Jahren ein absoluter Libido-Killer. In fortgeschrittenem Lebensalter gilt dies umso mehr. Habe Sex, weil es dir Freude macht und nicht, um dir etwas zu beweisen. Lasse dich nicht von Erzählungen aus dem Bekanntenkreis oder Zeitschriftenartikeln über fitte Senioren unter Druck setzen. Das Bedürfnis nach Sexualität im Alter ist individuell verschieden.

Solltest du einen deutlich jüngeren Partner bzw. eine deutlich jüngere Partnerin haben, kann das sexuelle Verlangen unterschiedlich ausgeprägt sein. Möglicherweise kann dich die Leidenschaft deines jungen Partners beflügeln. Falls nicht, gilt es einen gemeinsamen Nenner zu finden. Sexualität muss außerdem nicht zwingend Beischlaf bedeuten. Es gibt weitere Möglichkeiten, um zärtlich zu sein.

5. Bleibe neugierig

Mit den Jahren schleicht sich in vielen Beziehungen sexuelle Routine ein. Haben beide Partner keine wahre Freude (mehr) am Liebesspiel, ist die Wahrscheinlichkeit, dass irgendwann gar nichts mehr stattfindet, ziemlich groß. Dabei könnt ihr den Vorteil eures Alters durchaus nutzen: Ihr müsst nicht mehr experimentieren, sondern wisst ganz genau, was euch gefällt.

Traue dich, mit deinem Partner oder deiner Partnerin offen über deine Sehnsüchte zu kommunizieren. Dies gilt vor allem, wenn du gerne mal etwas anderes ausprobieren möchtest. Möglicherweise entdeckt ihr beide ganz neue Seiten aneinander.

6. Traue dich, auf Partnersuche zu gehen

Manchmal schläft die Sexualität im Alter einfach aufgrund eines fehlenden Partners ein. Viele Senioren glauben, dass sie niemanden mehr finden würden, mit dem sie Zuneigung und Leidenschaft teilen können. Das muss jedoch nicht sein. Mittlerweile gibt es zahlreiche Singlebörsen, die sich gezielt an die ältere Generation richten.

Sofern du der Online-Partnersuche nicht vertraust, kannst du auf andere Optionen ausweichen. Wie wäre es beispielsweise mit einem Single-Urlaub oder einer Mitgliedschaft in einem Verein deines Interesses? Auf diesem Wege lernst du viele verschiedene Menschen kennen. Möglicherweise befindet sich ein neuer, potenzieller Partner darunter.

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Sexualität im Alter und gesundheitliche Probleme

Ein häufiger Grund, warum die Sexualität im Alter in den Hintergrund rückt, sind gesundheitliche Probleme. Dies ist allerdings nicht generell ein Phänomen der älteren Generation. Auch junge Menschen, denen es körperlich nicht gut geht, verlieren zumindest vorübergehend ebenfalls das Interesse an Sex. Im Alter treten körperliche Beeinträchtigungen jedoch signifikant öfter auf.

Chronische Erkrankungen und eine daraus resultierende dauerhafte Medikamenteneinnahme sowie vorausgegangene Operationen können das Sexualleben negativ beeinträchtigen. Manchmal ist die Sexualfunktion durch die jeweilige Erkrankung bzw. Medikation direkt beeinträchtigt oder Geschlechtsverkehr verursacht Schmerzen. Oftmals fühlen die Senioren sich aufgrund ihrer Einschränkungen auch nicht mehr attraktiv.

Die Sache mit den Hormonen

Sexuelle Unlust im Alter ist bei Männern und Frauen gleichermaßen auf hormonelle Umstellungen zurückzuführen. Mit dem Einsetzen der Wechseljahre sinkt der Östrogenspiegel bei Frauen rapide ab. Dies führt nicht nur zu einer verringerten Libido, sondern auch zu einer trockenen Scheidenschleimhaut. Letzteres kann Schmerzen beim Geschlechtsverkehr verursachen.

Bei Männern über 50 sinkt der Testosteronspiegel, was dazu führt, dass das Verlangen nach Sex abnimmt. Weiterhin kann es zu Erektionsstörungen sowie zu einem verfrühten Samenerguss kommen. Die Angst vorm sexuellen Versagen mindert das Verlangen zusätzlich.

Sexualität im Alter und emotionale Probleme

Emotionale Faktoren spielen bei einer beeinträchtigten Sexualität im Alter eine fast ebenso große Rolle wie physische Einschränkungen. Die modernen Schönheitsideale unserer Gesellschaft vermitteln fälschlicherweise den Eindruck, dass Sexualität nur jungen, gesunden und schönen Menschen vorbehalten ist. Wer diesem Ideal nicht (mehr) entspricht, zieht sich oftmals zurück.

Dabei liegt es einzig im Auge des Betrachters, was als begehrenswert gilt. Ein vom gelebten Leben geprägter Körper kann ebenso anziehend wirken wie junge, makellose Haut. Zweifellos auf eine andere Weise, die jedoch nicht weniger wert ist. Dennoch fällt es vielen Senioren schwer, sich von den gesellschaftlichen Schönheitsidealen zu lösen. Scham und Scheu behindern Lust und Leidenschaft.

Wer von Selbstzweifeln geplagt ist, strahlt dies auch aus. Die Wahrscheinlichkeit, einen Partner zu finden, sinkt dementsprechend. Dies gilt übrigens unabhängig vom Lebensalter. Selbst in einer langjährigen Ehe kann ein negativer Umgang mit dem (gealterten) Erscheinungsbild die Sexualität hemmen.

Nimmt der Sexualtrieb im Alter ab?

Aufgrund der hormonellen Veränderungen – sowohl bei der Frau als auch beim Mann – nimmt die Libido mit fortschreitendem Lebensalter tatsächlich ab. Bei der Frau spielt das Hormon Östrogen eine Schlüsselrolle, bei den Männern ist es das Sexualhormon Testosteron.

Die sinkenden Hormonspiegel beeinflussen die generelle Erregbarkeit, die Feuchtigkeit der Scheide bei der Frau sowie die Erektionsfähigkeit des Mannes. Kommt es vermehrt zu Problemen, kann dies entmutigend wirken. Darüber hinaus gewinnen andere Werte innerhalb der Partnerschaft mit zunehmendem Lebensalter an Bedeutung, sodass die Sexualität keine dominante Priorität mehr hat.

Dennoch möchten die wenigsten Senioren komplett auf Sex verzichten. Das Bedürfnis bleibt, wenn auch meist vermindert, erhalten. Wie stark der Wunsch nach Sexualität im Alter ausgeprägt ist, kann zudem individuell ganz verschieden sein. Während manche Paare irgendwann platonisch zusammenleben, sind andere Senioren gezielt auf der Suche nach neuen erfüllenden Erfahrungen: Beides ist normal und in Ordnung.

Wie wird die Sexualität im Alter gelebt?

Sexualität bedeutet Vielfalt – unabhängig vom Lebensalter. Von daher gibt es nicht die eine typische Alterssexualität. Jeder Mensch ist individuell und hat seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Die Facetten der Liebe und Sexualität kennen keine Altersgrenze: Es gibt monogame, polyamoröse, queere und heterosexuelle Senioren. Auch gewollte Asexualität ist eine legitime Facette dieses Spektrums.

Eine Besonderheit der Sexualität im Alter ist, wie bereits erwähnt, das noch immer vorhandene gesellschaftliche Tabu. Viele Senioren glauben, dass es angesichts ihres Alters unangemessen sei, ihre Sexualität auszuleben. Erst in den letzten Jahren findet vermehrt ein Umdenken statt.

Sexualität im Alter existiert übrigens auch im Falle von Krankheit und sogar Pflegebedürftigkeit. Den Wunsch nach Sexualität als Grundrecht anzuerkennen und beispielsweise Ehepaaren in Pflegeheimen Privatsphäre zuzugestehen, rückt immer mehr in den Fokus des öffentlichen Bewusstseins.

Warum ist Sex im Alter für viele ein Tabuthema?

Das Thema Sexualität im Alter ist in den meisten Köpfen (leider) kaum präsent, da niemand gerne darüber spricht. Aber woher kommt dieses Tabu in unserer doch ansonsten so aufgeschlossenen Gesellschaft? Eine Ursache könnten die generationsbedingten Hemmungen der Senioren selbst sein. Zu Zeiten unserer Großeltern war ein offener Umgang mit dem Thema Sexualität keineswegs so selbstverständlich wie heute.

Die schambesetzte, unzureichende oder sogar fehlende Aufklärung in der Jugend führt dazu, dass die Überzeugung, über sexuelle Wünsche nicht sprechen zu dürfen, bis ins hohe Alter haften bleibt. Hinzu gesellen sich oftmals moralische oder religiöse Bedenken. Die traditionellen Geschlechterrollen machen es vor allem Frauen schwer, ihren sexuellen Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen.

Da die Sexualität im Alter kaum thematisiert wird, gehen außerdem viele junge Menschen davon aus, dass sie schlichtweg nicht mehr stattfindet. Repräsentativen Umfragen zufolge sind jedoch mehr als die Hälfte aller Männer und Frauen zwischen 50 und 70 Jahren noch regelmäßig sexuell aktiv.

Bei den über 80-Jährigen ist es noch jeder zehnte Mann sowie jede fünfte Frau.

Fazit: Eine erfüllte Sexualität ist keine Frage des Lebensalters

Der Wunsch nach Sexualität ist keine Frage des Alters. Auch Senioren haben das Bedürfnis – und ein Recht – auf Intimität. Die größte Schwierigkeit besteht darin, sich dem gesellschaftlichen Tabu zu widersetzen und persönliche Zweifel abzubauen. Die sexuelle Attraktivität ist, anders als die Medien es uns suggerieren, keineswegs an Jugend und Vitalität geknüpft.

Senioren, die ihr Liebesleben aktiv gestalten möchten, haben zahlreiche Möglichkeiten. Der Einsatz von geeigneten Hilfsmitteln sowie die Nutzung von Partnerbörsen ist vollkommen legitim. Auch in einer langjährigen Ehe lässt sich die Leidenschaft mit ein wenig Engagement wieder neu entfachen. Sollte jedoch das Interesse an Sex beiderseits nachgelassen haben, ist dies ebenfalls in Ordnung.

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