Wie funktioniert wirkungsvolle Führung? Das Adjektiv »wirkungsvoll« klingt fast wie ein Modewort, aber es ist tatsächlich essenziell: Wenn wir keine Wirkung erzielen, also nichts bewirken, dann stellt sich die Frage nach dem Sinn unseres Tuns. Und nach der Rechtfertigung für unseren Job. Doch trotzdem scheinen jede Menge Mitarbeiter vor allem in großen Unternehmen keine Ergebnisse zu liefern. Woran liegt das und was lässt sich dagegen tun?
Eigentlich ist es komplett simpel, ein Ergebnis zu erzielen: Wir überlegen, wo wir hinwollen (Ziel), wir schauen, wo wir sind (Start), schauen nach der effizientesten Entfernung zwischen beiden (Weg) und laufen los. Kommen wir nicht vom Weg ab, kommen wir an: Am Ziel führt dann tatsächlich kein Weg vorbei.
Tja – wenn es nur so einfach wäre! Oft scheitern Menschen in Unternehmen schon daran, dass sie nicht wissen, wo sie stehen. Doch, das passiert wirklich: Ein Mitarbeiter soll Produktideen entwickeln, ohne den technischen Stand der Dinge und die Marktlage zu kennen – die »Ergebnisse« dieser Überlegungen werden die Bezeichnung »Ergebnisse« kaum verdienen. Loszulaufen hat also wirklich erst dann Sinn, wenn der Status quo möglichst umfassend analysiert ist.
Andere wissen nicht, wo sie hinwollen: Die Anweisung heißt, die Presse über ein neues Produkt zu informieren, aber es ist völlig unklar, welche Medien die Zielgruppe konsumiert. Auch hier arbeitet der Mitarbeiter für den Papierkorb und ist weit weg von jeder Form von einem »Ergebnis«, wie es sich seine Chefin oder sein Chef vorstellt.
Viele laufen auch einfach ohne Richtung irgendwelche Prozesse ab, um Aktivität zu demonstrieren – und haben nach Feierabend tatsächlich das Gefühl, sie hätten etwas geschafft. Obwohl sie nichts erreicht haben. Der Horror für jede Führungskraft!
Schauen wir uns erst mal das Wort »Ergebnis« an, das ist nämlich ungenau. Was gemeint ist, sind »sinnvolle« oder »erwünschte« Ergebnisse. Irgendwelche Ergebnisse gibt es streng genommen immer, auch wenn das Ergebnis darin besteht, dass das Konzept im Papierkorb liegt. Das heißt: Liefert unser Kollege eine Liste unbrauchbarer Produktideen, hat er aus seiner Sicht durchaus ein Ergebnis geliefert. Warum sieht er das so? Weil er acht Stunden Zeit reingesteckt hat und weil die Liste drei DIN-A4-Seiten umfasst. Das ist doch Arbeit!
Ja, so denken prozessorientierte Denker. »Prozessorientiert« heißt: Verfolgen wir einen Ablauf, ist das »Arbeit«. Auch wenn der Prozess völlig sinnlos ist. Aus Sicht von Executives handelt es sich hier nicht um Arbeit, sondern um Ressourcenverschwendung.
Prozessorientierung ist prinzipiell nichts Falsches – wenn die Prozesse klug definiert sind. Das sind sie aber nicht, wenn der Standort nicht klar ist oder das Ziel ungewiss. Und ein Prozess ist auch dann nicht sinnvoll aufgesetzt, wenn die Methode falsch ist.
Der Gegenpol zu diesem prozessorientierten Denken ist das ergebnisorientierte Denken – und damit sind eben sinnvolle Ergebnisse gemeint. Und manche Führungskraft beißt sich daran die Zähne aus, ihren Mitarbeitern das ergebnisorientierte Denken beizubiegen. Gerade im Umgang mit prozessorientierten Denkern erscheint das oft aussichtslos.
Wenn sich Führungskräfte also »Ergebnisse« wünschen, wünschen sie sich »sinnvolle Ergebnisse«. Und mit »Wirkung« ist nicht irgendeine Wirkung gemeint, sondern eine bestimmte. Ein Ergebnis ist eben nur dann sinnvoll, wenn es dem erwünschten Ziel entspricht. Nur das ist mit »Wirkung« gemeint. Also nur, wenn ein Ergebnis tatsächlich mit dem Ziel übereinstimmt, können wir von einem »Erfolg« sprechen.
Und knapp vorbei ist auch daneben: Entspricht ein Ergebnis nicht dem Ziel, ist es nur im Ausnahmefall ein Kollateralnutzen – wie das berühmte Beispiel der »Post-its«, die ein Zufallstreffer als neues Produkt waren, nachdem die Forschung in eine ganz andere Richtung gegangen war. Solche durch Glück erzielten sinnvollen Ergebnisse sind eher selten, wir sollten uns nicht darauf verlassen.
Menschen zu »Wirkung« anzuleiten, ist also die große Aufgabe. Wie lässt sich vermitteln, wie Wirkung gelingt?
Neben der Unterscheidung von sinnvollen und sinnlosen Ergebnissen spielt hier noch ein entscheidender Faktor eine Rolle: das große Ziel zu kennen. Sicher kennst du das in der Coaching- und Leadership-Literatur häufig zitierte Gleichnis von der Kathedrale: Ein Spaziergänger fragt Bauarbeiter, was sie da tun. Der erste sagt: »Ich klopfe Steine.« Der zweite sagt: »Ich baue eine Mauer.« Der dritte sagt: »Ich baue eine Kathedrale.« Der dritte Bauarbeiter kennt das Ziel, er arbeitet sinnorientiert. Und genauso ist es wichtig, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das große Ganze kennen, also den Zweck ihrer Arbeit.
Gerade junge Leute – die Generationen Y und Z, die ein Leben ohne Digitalisierung kaum oder gar nicht kennen – wünschen sich heute sinnerfüllte Arbeitsplätze. Die Werte sind oft Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Menschenfreundlichkeit, gesellschaftliche Teilhabe, Integration und Gerechtigkeit. Ein durch solche Werte motivierter Mensch wird nicht »Dienst nach Vorschrift« abliefern, denn er oder sie ist aus sich heraus sinngetrieben.
Es ist vielleicht nicht zu erwarten, dass auch das Gros der frustrierten Arbeitnehmer zu sinnorientierten gesellschaftlich engagierten Menschenfreunden wird. Aber wenn es dir als Führungskraft gelingt, den Sinn des großen Ganzen herauszuarbeiten und zu vermitteln, können die Menschen in deinem Team so etwas wie Sinnorientierung und Erfüllung empfinden. Wer weiß, zu welcher großen Sache er beiträgt, steigert seinen Selbstwert.
Und noch eine Inspiration zum Thema Sinnorientierung: Je größer ein Unternehmen ist, desto komplexer ist das Geflecht der Prozesse. Es mag sein, dass manche Prozesse nicht mehr zum Ziel führen und einer Erneuerung bedürfen, aber im Wesentlichen ist der Großteil des Prozessmanagements in Unternehmen einigermaßen ergebnisorientiert gedacht.
Wenn Mitarbeiter nun verstehen, dass im Grunde alle im Unternehmen nur einen kleinen Teil zum Gesamtergebnis beitragen und nicht nur sie, dann legen sie auch das Denken vom »Rädchen im Getriebe« ab. Alle erfüllen ihre wichtigen Funktionen. Jeder und jede Einzelne ist wichtig, damit eine Unternehmung ihr höheres Ziel erreichen kann.
Schließlich gibt es noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die grundsätzlich vielleicht verstehen, was das große Ganze ist, und die trotzdem nicht ergebnisorientiert arbeiten. Eine Methode, um hier nach Ursachen zu fahnden, ist das Business Coaching. Anders als ein Berater, der ins Unternehmen kommt und Tipps gibt, erfragt ein guter Business Coach die Gründe von Verhalten.
Gründe dafür, nicht ergebnisorientiert zu arbeiten, gibt es massenhaft. Es kann an schlechten Erfahrungen liegen, an Denkmustern und sogar auch mal an Banalitäten wie einem nicht genehmigten neuen Bürostuhl. Führungskräfte können hier mit ihren klassischen Leadership-Methoden lange herumraten, und arbeitsrechtliche Sanktionen führen auch nicht zum Ziel. Die klassischen Methoden klassischer Führungskräfte helfen hier ebenfalls nicht weiter.
Ein guter Coach geht nun in den Austausch mit dem betreffenden Mitarbeiter und stellt einfach Fragen – nach einer bestimmten Methode, die zu den Coaching-Techniken gehört. So arbeitet sich ein Coach langsam zu den Gründen des Verhaltens vor. Liegen die Gründe auf dem Tisch, können Coach und Mitarbeiter (der Gecoachte, also »Coachee«) schauen, wohin das Verhalten auf Dauer führt, und – wenn es auf Dauer auch aus Mitarbeitersicht nicht schön ist – wie es sich ändern lässt.