Klimawandel: „Wir können jede Menge tun – auch du!"

Lesezeit von 7 Minuten
Viele sorgen sich um den Klimawandel. Zurecht. Andere bezweifeln, dass er überhaupt stattfindet. Die meisten allerdings sind noch unentschieden: Wird es wirklich so schlimm? Können wir etwas dagegen tun? Problem: Das Thema ist groß und komplex. Und man kann leicht den Überblick verlieren: Treibhausgase, Energiewende, Artensterben, Emissionshandel. Wer hat schon alle Aspekte auf dem Schirm? Wie sollen zum Beispiel vegane Ernährung und neue Technologien dabei helfen, die Klimakrise zu stoppen? Und was hat unser innerer Schweinehund damit zu tun?

Greator-Gründer Dr. Stefan Frädrich schreibt in seinem neuen Buch „Günter rettet die Welt" durch die wichtigsten Punkte und zeigt verständlich die großen Zusammenhänge: Wie kommt der Klimawandel zustande? Wozu führt er? Wie können wir ihn stoppen? Lass dich überraschen und ermutigen: Wir können jede Menge tun – auch du!

Was ist die Botschaft des Buchs?

Dr. Stefan Frädrich: Die erste wichtige Botschaft ist: Wir müssen wieder hingucken! In unserem Alltag geht das unter. Jeder ist mit seinem Problem beschäftigt. Seit über einem Jahr sind wie alle nur mit Coronavirus dicht, aber wir merken nicht, dass die weit größere Katastrophe droht. Wir gucken weg, wo jeder einzelne so viel tun kann – bei der Klimakrise.

Was war bei dir der Auslöser, dieses Buch zu schreiben?

Dr. Stefan Frädrich: Die Klimakrise! Letztlich muss ich mir hier eingestehen, dass ich mich ein bisschen schäme, mich mit dem Thema so spät beschäftigt zu haben. Das waren eigentlich zwei Faktoren, die mich dann aber dazu geführt haben. Zum einen waren das die „Fridays for future", die mich dafür sensibilisiert haben, da mal hin zu gucken. Mir war nicht bewusst, wie groß der blinde Fleck ist. Der zweite Grund war Timo Würz, der Zeichner von den „Günter"-Illustrationen. Seit Jahren beschäftigt er sich mit dem Thema Ernährung. Er sagte zu mir: „Stefan, wir schreiben jetzt einen Öko-Günter".

„Ich habe meinen Fleischkonsum massiv reduziert."

Dr. Stefan Frädrich

Was für spannende Erkenntnisse durftest du bei der Recherche für das Buch gewinnen?

Dr. Stefan Frädrich: In meinem Alltag hat sich extrem viel getan. Also, ich sehe plötzlich Möglichkeiten, wie ich Dinge verändern kann. Ich bewerte Medien-Botschaften anders, ich bewerte politische Statements.

Wie gehst du in deinem Alltag mit den neuen Erkenntnissen/Sichtweisen um? Was hast du z.B. konkret geändert?

Dr. Stefan Frädrich: Ganz konkret: Ich habe meinen Fleischkonsum massiv reduziert, ich fahre wieder mit Freuden Fahrrad. Zudem kaufe ich kaufe viel, viel bewusster ein und vor allem habe ich angefangen, über das Thema zu reden. Seither merke ich, dass sich ganz viele Menschen damit beschäftigen. Es entstehen total konstruktive Gespräche. Man bereichert sich gegenseitig.

Ich glaube, dass allgemein eine Bewusstseinsveränderung stattfindet und in der bin ich mittendrin. Entlang dieser Bewusstseinsveränderung gibt es diverse neue Handlungen, die ich in meinen Alltag einbaue – die jeder in den Alltag einbauen sollte, der sich auch mit dem Thema beschäftigt.

Klimawandel: Schulen sollten schon früh auf das Thema aufmerksam machen

Inwiefern versuchst du vielleicht auch deinen neunjährigen Sohn für das Thema zu sensibilisieren?

Dr. Stefan Frädrich: Meiner Meinung nach, sollten Schulen schon früh genug auf das Thema aufmerksam machen und aufzeigen, was wir im Bereich Klimawandel leisten können. Mein Sohn ist in der vierten Klasse. In den letzten Wochen haben sie sich sehr intensiv mit dem Thema Klimawandel beschäftigt. lch habe mit ihm sogar hier im Homeschooling eine kleine Biogasanlage gebaut: Einfach Küchenabfälle in eine Flasche geben, mit Wasser füllen und einen Luftballon drüber stülpen. Dann haben wir beobachtet, wie sich im Laufe der nächsten Tage Gase bildeten.

Natürlich versuche ich meinem Sohn auch zu erklären, was ich da in meinem Buch „Günter rettet die Welt" mache. Ich zeig ihm einen Vortrag über das Thema.

Aber ich mache mir eigentlich um die jungen Menschen gar keine Sorgen. Ich mache mir Sorgen um den älteren Teil unserer Gesellschaft, Generation 40+. Dazu zähle ich auch. Wir haben uns schon die Verhaltensweisen beigebracht, die wir für normal halten und die wir nicht hinterfragen – oder selten. Ich glaube, das Thema ist, dass viele den Klimawandel mit den Worten „Ja, wird schon nicht so schlimm werden", abtun.

Dr. Stefan Frädrich schreibt über den Klimawandel
Dr. Stefan Frädrich schreibt in seinem neuen Buch „Günter rettet die Welt" über den Klimawandel.

Stefan über den Klimawandel: „Lasst uns mit Prävention weitere Katastrophen verhindern!"

Du sprichst im Buch auch von „Präventions-Dilemma” – Was meinst du damit genau?

Dr. Stefan Frädrich: Das Problem ist, sobald wir Prävention betreiben, verhindern wir eine Katastrophe, die ohne die Prävention eintreten könnte. Also ist es doch der Sinn, diese Katastrophe zu verhindern. Wenn du dich gesund ernährst, reduzierst du die Wahrscheinlichkeit auf Fettleibigkeit. Machst du viel Sport, reduzierst du die Wahrscheinlichkeit von Krankheiten. Kannst du gut sparen, dann reduzierst du die Wahrscheinlichkeit, Pleite zu gehen.

Seit Jahrzehnten warnen Experten, aber wir kriegen das mit dieser Prävention nicht so richtig hin, weil das schwer vermittelbar ist. Warum sollen wir unsere Landwirtschaft verändern, warum sollen wir weniger Tiere essen, warum sollen wir nicht so viel CO2 in die Luft pusten. Unsere Temperatur-Anstiege werden immer schneller. Wir haben oft Extremwetter-Situationen, die extremen Wetterphänomene und die Temperatur-Kurve gehen immer steiler nach oben.

Irgendwann werden wir sagen: „Hätten wir mal früher gehandelt!" Nur, solange das Problem uns noch nicht sichtlich bedroht, sehen wir oft leider keinen Handlungsdruck. Das heißt, die Menschheit lernt leider häufig erst durch Schmerzen. Ich hoffe, das müssen wir hier nicht tun.

Mit einem achtsamen Verhalten den Klimawandel beeinflussen

Wir können Naturkatastrophen nicht verhindern. Aber was können wir deiner Meinung nach tun?

Dr. Stefan Frädrich: Es gibt Naturkatastrophen, die wir nicht verhindern können. Damit meine ich Meteoriteneinschläge, Vulkanausbrüche oder Erdbeben. Aber wir können von Vulkanen entfernt bauen, wir können Gebäude erdbebensicher machen und vielleicht schaffen wir es, dass die Menschheit auch irgendwann mal so ein Meteoriteneinschlag-Warensystem entwickelt.

Durch ein achtsames Verhalten können wir Naturkatastrophen durchaus beeinflussen und vielleicht mehr und mehr verhindern, dass sie in die Lebensräume der Menschen einbrechen und dort dann unbekannte Viren verbreiten. Wir sollten gucken, was unsere größten Faktoren und Hebel sind, um Naturkatastrophen, Dürre oder Überschwemmungen in den Griff zu bekommen.

Oder die Migrationswelle: Die UN schätzt, dass wir im Jahr 2050 zwischen 200 Millionen bis eine Milliarde Klimaflüchtlinge auf der Welt haben. Man könnte jetzt sagen: „Das ist eine Katastrophe." Nein, wenn ihr mich fragt, ist das eine Reaktion auf sehr viele komplexe Regelkreise, die vorher stattgefunden haben. Da dürfen wir jetzt hingucken und aufpassen, dass wir nicht weitere Dominosteine zum Kippen bringen.

„Die Chancen stehen nicht schlecht, dass unsere Zukunft rosig wird, wenn wir die Möglichkeiten nutzen“, heißt es im Buch  – welche Möglichkeiten?

Na ja, auf der einen Seite haben wir zum Beispiel eine unheimliche technische Zukunft vor uns. Also, wir profitieren von vielen Entwicklungen und Entdeckungen, die uns das Leben zukünftig vielleicht leichter machen werden. Wir werden mehr mit Robotern arbeiten, künstliche Intelligenz einsetzen können. Ich bin mir sicher, dass der Verkehr immer digitaler wird und wir mit autonomen Autos durch die Gegend fahren.

Vor uns liegen viele Möglichkeiten. Mit einer grünen Lebensweise lässt sich extrem vieles machen. Vielleicht können wir zukünftig in grünen Innenstädten Leben, mit fast nicht mehr vorhandenen Straßen, weil uns da autonome Flugtaxis und von A nach B bringen. Wir können Geräusche reduzieren und uns allen einen passablen Lebensstandard ermöglichen. Wenn wir zum richtigen Zeitpunkt, also spätestens jetzt, unsere Natur auf dem Schirm haben und in den Vordergrund stellen, dass wir als Menschheit dieses Projekt Welt retten, dann sollten wir dafür jetzt die Weichen stellen. Und zwar, in Harmonie mit unserer Erde leben! Wir dürfen sie nicht ausbeuten, sondern das zu schätzen wissen, was uns hier schon alles Tolles geschenkt wurde.

Dr. Stefan Frädrich: „Ein grüner Lifestyle reicht nicht aus!"

Ein grüner Lifestyle reicht nicht aus, schreibst du! Was erfordert es noch?

Dr. Stefan Frädrich: Der grüne Lifestyle ist erstmal was Schönes. Ich denke, wir sollten alle ressourcenschonend leben, wir sollten bewusst einkaufen, uns über solche Themen unterhalten und das anderen vorleben. Ich sehe das als ein Zeichen von Solidarität. Sowas spiegelt sich dann hinterher auch immer auf politische oder wirtschaftliche Systeme wieder!

Heute ist es normal, dass Kinder in der Schule nicht von Lehrern verprügelt werden, dass wir im Kino nicht rauchen, und dass Frauen wählen dürfen! Das ist alles gut – wurde aber vor 50 oder vor 100 Jahren alles völlig anders bewertet. Die Haltung der Menschheit hat sich verändert.

„Es reicht nicht aus, den Kaffee nur noch aus einer Tasse zu trinken."

Dr. Stefan Frädrich

Aber es reicht nicht aus, wenn wir unseren Kaffee nun nur noch aus einer Tasse trinken oder mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. Wenn wir glauben, das würde reichen, dann ist das nichts anderes, wie ein Ökopflaster für unser schlechtes Gewissen. So kommen wir nicht voran! Wenn wir aber kapieren, dass unsere symbolischen Handlungen später in Systeme übergehen und dass dann hinterher politisch andere Entscheidungen getroffen werden – oder dass die Industrie sich verändert – dann kommen wir auf eine systemische Ebene.

Also müssen wir an den großen Stellschrauben drehen. Ja, wir müssen die Agrarwirtschaft verändern, in grüne Technologien investieren, die Digitalisierung konsequent voranbringen. Das tut nicht der einzelne, wenn er aufs Fahrrad umsteigt, aber das können wir als Menschheit tun, wenn wir alle in die gleiche Richtung denken.

Das „World Economic Forum" hat sich im letzten Jahr das erste Mal bewusst dem Thema Klimakrise angenommen. Mittlerweile ist es auch bei den Wirtschaftschefs dieser Welt angekommen. Allerdings recht spät. Wir können das alle beschleunigen, wenn wir mitmachen und darüber sprechen und das vorleben!

Was zählt für dich zu „verpassten Chancen”?

Eine verpasste Chance ist es, dass Menschen immer noch den Klimawandel anzweifeln. Dass sie sagen: „Wer weiß, ob der Mensch das überhaupt hervorruft oder verursacht!". Wir dürfen uns jetzt fragen: „Was können wir tun, um den Klimawandel zu verlangsamen oder vielleicht sogar zu stoppen?"

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