René Borbonus, einer der führenden Kommunikationsexperten Deutschlands, trifft auf Christian Wulff, den ehemaligen Bundespräsidenten, der in seiner politischen Laufbahn sowohl Höhepunkte als auch Tiefschläge erlebt hat. Gemeinsam reflektieren sie über die Bedeutung von Kommunikation, den Umgang mit Krisen und die Wichtigkeit von Respekt im politischen und persönlichen Leben. Christian Wulff, bekannt für seine klare und ruhige Art der Kommunikation, teilt wertvolle Lektionen aus seiner Zeit im öffentlichen Leben und betont: „Man muss sich nie als Opfer sehen, sondern immer als Handelnder bleiben.“
Christian Wulff: Vielen Dank, Herr Borbonus. Das ist eine interessante Frage. Wenn ich darüber nachdenke, würde ich sagen, dass ich immer versucht habe, die Meinungen anderer ernst zu nehmen. Egal ob im Parlament oder auf einem Parteitag – ich habe nie nur zu meinen Kollegen gesprochen, sondern zu allen Anwesenden, auch zu denjenigen, die vielleicht nicht meiner Meinung waren. Für mich war es wichtig, Respekt zu zeigen, unabhängig davon, wer jemand ist oder welche Rolle er spielt.
Christian Wulff: Die extremen öffentlichen Angriffe und das Gefühl der Ohnmacht waren besonders schwer zu ertragen. Besonders schmerzhaft war es, als meine Familie in diese Angriffe einbezogen wurde. Meine Kinder mussten in der Schule Dinge hören wie „Dein Vater lügt“, und das war für uns alle extrem belastend. Aber ich habe gelernt, dass man sich niemals als Opfer sehen darf. Selbst in Momenten größter Ohnmacht muss man die Kontrolle behalten und sich nicht von äußeren Umständen definieren lassen. „Man muss sich immer als Handelnder sehen, auch wenn man keine Macht hat.“
Christian Wulff: Vor allem die Unterstützung von echten Freunden und Mentoren. In schweren Zeiten treten oft Menschen in dein Leben, die du lange nicht gesehen hast, aber die genau im richtigen Moment da sind. Es ist wichtig, solche Hilfe anzunehmen. Außerdem hat mir geholfen, dass ich mit mir selbst im Reinen war. Solange ich wusste, dass ich das Richtige getan habe, konnte ich auch mit den schwierigsten Situationen umgehen.
Christian Wulff: Ja, für mich ist das Erzählen von Geschichten das stärkste rhetorische Mittel. Eine gute Geschichte kann Menschen emotional berühren und mehr bewirken als bloße Fakten. Zum Beispiel, wenn ich über die Würde des Menschen spreche, könnte ich das Grundgesetz zitieren. Aber viel wirksamer ist es, eine persönliche Geschichte zu erzählen, wie die einer Nachbarin, die mir sagte, dass sie nach dem Lesen des Grundgesetzes wieder realisiert hat, wie glücklich sie ist, in Deutschland zu leben. Solche Geschichten schaffen eine Verbindung, die Fakten allein nicht erreichen können.
Christian Wulff: Eine gute Entschuldigung besteht aus drei wichtigen Bestandteilen: Reue, Empathie und einem Plan, wie man es besser machen kann. Wenn Sie diese drei Elemente vereinen, können Sie das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen. Es ist wichtig, sich nie als schwach zu sehen, wenn man einen Fehler zugibt. Im Gegenteil, das zeigt Stärke und baut Brücken, wo vorher Gräben waren.