Mobbing hat viele Gesichter und kann Menschen jeden Alters betreffen. Manchmal ist es schwer, Mobbingattacken als solche zu erkennen, da sie nicht nur offensiver, sondern auch subtiler Natur sein können. Für Betroffene entsteht in jedem Fall ein massiver Leidensdruck. Daher ist es wichtig, sich rechtzeitig Hilfe zu suchen.
Mobbing ist ein weitverbreitetes Problem in vielen deutschen Betrieben. Laut einer repräsentativen Studie der Viking Raja Group in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut OnePoll, gaben 60 % von 1000 befragten Arbeitnehmern an, in ihrem Berufsleben bereits Opfer von Mobbingattacken geworden zu sein.
Auch wenn Mobbing ein ernstes Problem darstellt, solltest du den Begriff niemals leichtfertig benutzen. Nicht immer, wenn du dich ungerecht behandelt oder nicht ausreichend beachtet fühlst, kann man gleich von Mobbing sprechen. Um Mobbing im Sinne des Arbeitsrechts handelt es sich per Definition erst, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
Wenn du einmalig von einem Kollegen als „Idiot“ oder dergleichen beschimpft wirst, handelt es sich demzufolge nicht um Mobbing. Vergibt derjenige allerdings täglich demütigende Spitznamen und ermuntert andere Kollegen dazu, sich ebenfalls daran zu beteiligen, so liegt durchaus eine Mobbingsituation vor.
Beispiele für Mobbing gibt es insbesondere im Arbeitsalltag viele. Nachfolgend möchten wir dir einen Überblick über mögliche Mobbingsituationen verschaffen:
Wie eingangs erwähnt, muss Mobbing nicht zwingend mit offenen Anfeindungen verbunden sein, auch wenn dies natürlich vorkommt. Allerdings kann es sich ebenso um heimliches Intrigieren gegen eine bestimmte Person handeln. In diesem Fall ist es besonders schwer, Mobbing zu identifizieren.
Sowohl offene als auch versteckte Angriffe sind für das Opfer zutiefst verletzend und häufig sogar traumatisch:
Kritik gehört zum Berufsleben dazu und ist sogar unentbehrlich. Die Voraussetzung ist jedoch, dass sie sachlich und konstruktiv geäußert wird. Ein einmaliges verbales Zusammenstauchen durch Kollegen oder den Vorgesetzten ist allerdings noch lange kein Mobbing. Vor allem dann nicht, wenn dir wirklich ein sehr ärgerlicher Fehler unterlaufen ist.
Die Grenze zum Mobbing verläuft jedoch fließend. Wenn du dir wiederholt anhören musst, wie unfähig du angeblich bist, sodass niemand mehr mit dir arbeiten möchte, solltest du das nicht stillschweigend hinnehmen.
Beleidigungen können sowohl direkt ausgesprochen als auch dem Opfer über mehrere Ecken zugetragen werden. Was als beleidigend gilt, liegt hierbei im Ermessen des Opfers und ist in jedem Fall zu respektieren. Es ist unerheblich, ob der Täter seine Aussage als „nicht so schlimm“ oder sogar als wahr empfindet.
Ein weiteres Thema in vielen Betrieben ist der sogenannte Flurfunk. Ganz unterbinden lässt sich dieser zwar nicht, sobald jedoch bewusst ehrverletzende Gerüchte in die Welt gesetzt werden, gilt dies als Mobbing.
Sabotage gilt als eine der extremsten Formen von Mobbing am Arbeitsplatz. Hierbei wird nicht nur versucht, dem Opfer gezielt psychisch zu schaden, sondern auch arbeitsrechtliche Konsequenzen herbeizuführen. Um dies zu erreichen, werden beispielsweise wichtige Informationen nicht weitergeleitet, sodass das Mobbingopfer seine Arbeit gar nicht richtig ausführen kann.
Manche Mobber gehen sogar so weit, dass sie wichtige Unterlagen verstecken oder vernichten und es so aussehen lassen, als hätte das Opfer seine Sorgfaltspflicht verletzt. Die Schwierigkeit für betroffene Arbeitnehmer besteht häufig darin, einen solchen Verdacht zu beweisen.
Gewalt kann sowohl psychischer als auch physischer Natur sein. Zur psychischen Gewalt zählen z. B. Diffamierungen, systematische Ausgrenzung sowie Drohungen. Hierauf sind wir bereits eingegangen.
Man sollte meinen, dass physische Gewalt am Arbeitsplatz nicht zu übersehen und damit leichter zu bekämpfen ist. Die wenigsten Mobber greifen ihre Opfer jedoch im Beisein von Zeugen körperlich an. Meist wird derart subtil vorgegangen, sodass nicht zu beweisen ist, ob es sich um Absicht oder Unfall handelt.
Mobbing entsteht immer dort, wo viele Menschen auf engem Raum miteinander agieren (müssen). Die Schule und das berufliche Umfeld sind als sogenannte Zwangsgemeinschaften prädestiniert für die Entwicklung von Mobbingsituationen. Konkurrenzdenken, Antipathien oder Streitigkeiten können ursächlich sein.
Grundsätzlich gilt: Mobbing lässt sich nicht entschuldigen. Niemand hat es verdient! Auch dann nicht, wenn er oder sie sich durch irgendeine Aktion im Kollegenkreis unbeliebt gemacht haben sollte.
Die Täter treten oftmals sehr dominant auf. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Fassade, die dazu dient, die eigenen Selbstzweifel zu vertuschen. Mobber leiden oftmals unter einem sehr geringen Selbstwertgefühl, das sie aufwerten, indem sie vermeintlich noch schwächere Personen schikanieren.
Übrigens: Mobbing gilt in der Forschung als ein Gruppenphänomen. Neben dem ausführenden Täter bedarf es nämlich Zuschauern und Mitläufern. Ein Täter allein, der keine Unterstützung erfährt – und sei es nur durchs Wegsehen – könnte niemals derart grenzüberschreitend gegen eine andere Person agieren.
Betroffene leiden schwer unter den Folgen des Mobbings. Kinder, die in der Schule gemobbt wurden, haben nicht selten ein Leben lang Probleme mit dem Selbstbewusstsein. Dies geht aus dem Fachbuch „Mobbing an Schulen“ von Dr. Matthias Böhmer (Diplom-Psychologe) und Dr. Georges Steffgen (Professor für Sozial- und Arbeitspsychologie) hervor.
Aber auch Erwachsene leiden immens. Mobbing am Arbeitsplatz erstreckt sich nicht nur auf die Stunden im Büro, sondern beeinflusst den Menschen als Ganzes. Viele Opfer fühlen sich aufgrund ihrer Situation wertlos, hilflos und schuldig. Die Folgen sind nicht nur psychischer Natur, sondern können sich auch körperlich auswirken. Zahlreiche Mobbingopfer klagen beispielsweise über folgende physische Begleiterscheinungen:
Leider greifen nicht wenige Arbeitnehmer zu Medikamenten oder Alkohol, um die unangenehmen Symptome zu bekämpfen. Der Wunsch nach kurzfristiger Sorgenfreiheit ist durchaus verständlich. Suchtmittel lösen jedoch das Grundproblem nicht, sondern führen langfristig zu einer Verschlimmerung der Situation.
Wichtig zu wissen: Wer einmal Mobbingopfer geworden ist, muss keineswegs sein Leben lang in der Opferrolle verharren. Dies gilt auch für Mobbingerfahrungen in der Kindheit. Wenn du dich als Erwachsener aktiv dafür entscheidest, die negativen Erlebnisse aufzuarbeiten und dein Selbstwertgefühl zu stärken, lässt sich das Trauma überwinden. Am besten gelingt dies mit therapeutischer Hilfe oder in einem Coaching.
Mobbingsituationen am Arbeitsplatz lassen sich leider nicht immer vermeiden. Umso wichtiger ist es, adäquat auf sie zu reagieren.
Mobbing darf und sollte sich niemand gefallen lassen: auch du nicht! Je nachdem, um welche Art des Mobbings es sich handelt und wie ausgeprägt es stattfindet, kommen verschiedene Möglichkeiten infrage.
1. Führe ein Mobbingtagebuch
Das Dokumentieren der Vorfälle ist immer sinnvoll. Die Beweislast, dass es sich tatsächlich um Mobbing handelt, liegt nämlich beim Opfer.
2. Ignorieren oder Offensive?
In seltenen Fällen genügt es, den Angreifer zu ignorieren. Laufen seine Attacken ins Leere, verliert er im Idealfall seine Freude daran. In der Praxis ist diese Methode aber nicht immer erfolgreich. Dennoch kannst du es erst einmal auf diese Weise versuchen. Hören die Attacken nicht auf, solltest du jedoch zügig in die Offensive gehen: Sprich den Täter (zunächst unter vier Augen) auf sein Verhalten an!
Sage ihm oder ihr deutlich, dass du dir das nicht länger gefallen lassen wirst. Stellt sich immer noch keine Besserung ein, solltest du vertrauensvolle Kollegen einweihen und dich an den Betriebsrat wenden. Wenn der Täter bemerkt, dass du nicht mehr allein bist, schwindet sein Mut. Scheue dich nicht, im Notfall auch deinen Chef zu informieren. Dieser hat dir als Arbeitnehmer gegenüber eine Fürsorgepflicht!
Genügt dies immer noch nicht, dann weise den Angreifer sachlich darauf hin, dass du nicht davor zurückschreckst, juristische Schritte einzuleiten. Mobbing ist ein Straftatbestand!
3. Der letzte Ausweg: die Kündigung
Werden die Mobbingattacken zu gravierend, dann kann es sinnvoll sein, sich nach einem neuen Job umzusehen. Möglicherweise schreist du beim Lesen dieser Zeilen innerlich auf: Wenn ich kündige, hat der Täter doch sein Ziel erreicht! So darfst du es jedoch nicht betrachten. Kein Arbeitsplatz ist es wert, deine Gesundheit zu riskieren. Möchtest du wirklich in einem Unternehmen bleiben, wo solch ein negatives Klima herrscht?
Als Führungskraft hast du deinen Mitarbeitern gegenüber eine sogenannte Fürsorgepflicht. Solltest du von einer Mobbingsituation erfahren, musst du zwingend eingreifen. Hierzu eignet sich folgende Vorgehensweise:
1. Suche das Gespräch mit dem Täter: Mache diesem sachlich klar, dass du als Chef sein Verhalten nicht duldest. Der betroffene Mitarbeiter bleibt hierbei außen vor.
2. Kläre die Ursachen: Wie ist es zu der Mobbingsituation gekommen? Welche unausgesprochenen Konflikte liegen zugrunde? Was kannst du als Führungskraft unternehmen, um die allgemeine Arbeitszufriedenheit im Team wieder zu steigern? Um dies herauszufinden, sind sowohl 4-Augen-Gespräche als auch Teammeetings sinnvoll.
3. Zeige die Konsequenzen auf: Sollte der Täter sein Verhalten nicht abändern, dann handle entsprechend der Eskalationsdramaturgie. Diese besteht aus Ermahnung, Abmahnung und Kündigung.
4. Unterstütze deinen von Mobbing betroffenen Mitarbeiter durch eine interne Versetzung oder Beurlaubung, falls dies möglich ist.
5. Solltest du an deine Grenzen stoßen, dann nimm rechtzeitig externe Hilfe in Anspruch (z. B. Streitschlichter oder Supervisoren).
Mobbing lässt sich zwar nicht immer vermeiden, aber dafür effektiv bekämpfen. Wichtig ist, dass du aus der Opferrolle herausfindest oder diese im besten Fall gar nicht erst einnimmst. Trete dem Täter selbstbewusst gegenüber und bleibe mit deinem Problem keinesfalls alleine! Nur wenn du andere Menschen aktiv um Hilfe bittest, wirst du sie erhalten.
Solltest du selbst Mobbingsituationen beobachten, dann schaue keineswegs weg, sondern biete dem Betroffenen deine Unterstützung an – und sei es nur als Zeuge. Als Führungskraft bist du sogar verpflichtet, Mobbing am Arbeitsplatz zu unterbinden.