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Autonomiephase: So gehst du mit einem wütenden Kind um

Lesezeit von 7 Minuten
Autonomiephase: So gehst du mit einem wütenden Kind um

Dein Kind scheint sich überhaupt nicht mehr dafür zu interessieren, was du sagst und benimmt sich wie ausgewechselt? Willkommen in der Autonomiephase! Es hat entdeckt, dass es einen ganz eigenen Willen hat und stellt dich nun – natürlich ohne böse Absichten – auf die Probe. Wie viel Autonomie gestehst du ihm zu? Euch beiden steht jetzt eine interessante Reise bevor, auf der du dein Kind von einer völlig neuen Seite kennenlernen wirst und vielleicht sogar dich selbst.

Was ist die Autonomiephase?

Die Autonomiephase wird gern auch als Trotzphase bezeichnet, denn genau das ist es, was dein Kind aktuell versucht: Es versucht, dir zu trotzen, aber selbstverständlich ohne böse Absicht! Es verspürt gerade einfach einen sehr starken Wunsch nach Freiheit und möchte selbst bestimmen, was passiert. Der junge Nachwuchs merkt nun zum ersten Mal, wie es ist, wenn man etwas wirklich will. Jedoch versteht er aber noch nicht, warum es nicht alles haben oder alles tun kann, was es möchte. Schnell stößt dein Kind an seine Grenzen. Frust staut sich an, der sich durchaus auch in Wut verwandeln kann.

Warum ist die Autonomiephase so wichtig?

Früher nahm man an, dass Kinder nur in die Autonomiephase kommen, wenn deren Eltern nicht autoritär genug auftreten. Das ist natürlich völliger Quatsch, wie man heutzutage zum Glück weiß. Ein Kind in der Autonomiephase legt es nicht darauf an, dir auf der Nase herumzutanzen und das Leben schwer zu machen. Es hat schlichtweg entdeckt, dass es einen eigenen Willen hat, kann die Gefühle, die damit einhergehen aber noch nicht kontrollieren. Sie sprudeln einfach aus ihm heraus. Es lernt jetzt, mit ihnen umzugehen, was für sein späteres Leben unglaublich wichtig ist.

Doch dein Kind entdeckt inzwischen nicht nur seinen eigenen Willen, sondern sieht sich auch erstmals selbst als eigenständige Person an. Es entwickelt eine Persönlichkeit und lernt sich selbst erst richtig kennen. Das kann schnell überfordernd sein und dann braucht dein Kind ganz dringend deine starke Schulter, an die es sich anlehnen kann. Ebenso wichtig ist deine führende Hand, die ihm eine Richtung weist. Damit ist natürlich nicht gemeint, dass du die Persönlichkeit deines Kindes formen sollst. Es geht vielmehr darum, ihm auf dieser wichtigen Reise Orientierung zu schenken.

autonomiephase kind

Wie lange dauert die Autonomiephase?

Spätestens, wenn sich dein Kind das erste Mal auf den Boden wirfst, lauthals protestiert, weint, schreit und mit den kleinen Fäusten auf den Boden haut, weißt du: Die Autonomiephase hat begonnen. In der Regel ist das etwa in einem Alter zwischen anderthalb und zwei Jahren der Fall. Im Schnitt dauert diese Phase vier Jahre an, ist also im Alter von sechs Jahren meist überstanden. Aber keine Sorge, dein Kind wird dir nun nicht vier Jahre lang tagtäglich trotzen wollen. Anstrengendere und ruhigere, ausgeglichenere Zeiten wechseln sich ab.

Vor allem zu Beginn der Autonomiephase ist es für Eltern oft anstrengend. Dein Kind hat gerade erst angefangen, Sprechen zu lernen und kann sich deshalb noch nicht gut ausdrücken. Das kann für beide Seiten frustrierend sein. Deshalb ist es jetzt besonders wichtig, dass du ruhig bleibst und dich besonders bemühst, zu verstehen, was dein Kind dir mitteilen möchte.

Etwa ab dem vierten Lebensjahr wird es deutlich leichter, denn die Sprachkompetenz deines Kindes hat stark zugenommen. Die Zeit ist trotzdem noch nicht reif für lange Diskussionen, denn sie überfordern dein Kind noch. Deinerseits sind jetzt kurze Sätze in liebevollem Tonfall gefragt, damit sich dein Nachwuchs öffnet und dir mitteilt, was ihn bedrückt.

10 Tipps für den Umgang mit Kindern in der Autonomiephase

Die Autonomiephase stellt nicht nur dich als Elternteil, sondern auch dein Kind selbst auf eine harte Probe. Du verstehst nicht, warum dein Kind plötzlich so wütend wird und dein Sprössling selbst kann sich natürlich auch nicht erklären, warum er sich gerade so fühlt. Wie also gehst du nun am besten mit ihm um? Wir haben zehn Tipps für dich zusammengetragen, die euch beiden dabei helfen, die Trotzphase gut zu meistern. Los geht’s!

1. Sei für dein Kind da

Kinder benötigen unglaublich viel Aufmerksamkeit und Nähe. Auch wenn du gerade am liebsten einfach die Kinderzimmertür schließen würdest, ist genau das selbstverständlich der falsche Weg. Zeige deinem Kind, dass du immer für es da bist und ihm Halt schenkst, wenn es von seinen Gefühlen übermannt wird.

Körperkontakt ist hierbei meist ein wertvolles Mittel. Mit einer festen Umarmung zeigst du deinem Kind besonders deutlich, dass du es in jeder noch so schwierigen Situation auffängst. Warte dabei aber unbedingt ab, bis dein Nachwuchs bereit dafür ist. Einige Kinder möchten in einer Phase der besonders intensiven Wut Abstand halten und sich lieber zurückziehen. Das solltest du deinem Sprössling auch gewähren. Warte, bis er bereit ist, Nähe zuzulassen.

2. Sprich offen über Gefühle

Fühlt sich dein Kind während eines Gefühlsausbruchs auch noch missverstanden, staut sich immer mehr Frust an, den es irgendwie hinauslassen muss. Also bleibe ruhig und geduldig und sage deinem Kind klipp und klar, dass du siehst, dass es wütend ist. Damit zeigst du ihm nicht nur, dass du durchaus wahrnimmst, was gerade vor sich geht. Du gibst dem Gefühl auch einen Namen. Das wiederum macht es zu etwas Greifbarem für dein Kind.

Es sieht, dass es etwas ganz Normales ist, was es gerade erlebt, denn immerhin gibt es sogar eine Bezeichnung dafür. Das hilft ihm, sich zu beruhigen. Später kann es dich fragen, was genau Wut eigentlich ist und du nimmst dir Zeit, es ihm umfassend zu erklären. So hilfst du deinem Sprössling, zu verstehen, was mit ihm vorgeht.

3. Zeige deinem Kind, dass du es ernst nimmst

Immer wieder erwischen sich Eltern dabei, wie sie Situationen, die für ihre Kinder sehr ernst sind, herunterspielen, oder beginnen heimlich zu lachen, weil sie ihnen so absurd vorkommen. Aber das solltest du um jeden Preis unterbinden! Dein Kind ist schon angespannt genug, weil es die Situation selbst nicht einschätzen kann und gar nicht versteht, warum es gerade so wütend ist.

Signalisierst du ihm dann auch noch, dass du es nicht ernst nimmst, kannst du das Fass schnell zum Überlaufen bringen. Zeige dich verständnisvoll, auch wenn es dir gerade schwerfällt und denke immer daran, dass die Situation für dein Kind viel schwieriger zu bewältigen ist, als für dich.

4. Wechsle den Raum

Hat sich dein Kind bereits in seinem Frust festgefahren und scheint sich nicht mehr ablenken zu lassen, dann wechsle doch einfach mal den Raum mit ihm oder geht gemeinsam in den Garten. So kann es seinen Ärger räumlich hinter sich lassen und es fällt ihm leichter, sich davon zu lösen. Hinzu kommt die Ablenkung, die der Ortswechsel bietet. Viele neue Reize warten auf deinen Sprössling, die deutlich interessanter sind als der Frust von eben.

5. Schaffe eine Umgebung, in der alles erlaubt ist

Jagst du deinem Kind dauerhaft hinterher, weil es beispielsweise etwas in der Hand hat, was es sich nicht nehmen soll, bedeutet das Stress für euch beide. Für dich ist es alles andere als angenehm, deinem Sprössling ständig etwas wegnehmen oder verbieten zu müssen. Das spürt er natürlich auch. Hinzu kommt noch der Frust, der sich aufbaut, weil er einfach nie das tun darf, was er gerade möchte, und du ihn immer wieder unterbrichst.

Derartige Situationen kannst du minimieren, indem du für eine Umgebung sorgst, in der dein Kind alles anfassen und mit allem spielen darf, was es dort findet. Ist dein Kind noch so klein, dass es nicht laufen kann, ist ein Spielgitter die perfekte Lösung. Sind diese Zeiten schon vorbei, dann baut doch beispielsweise gemeinsam eine Höhle aus Decken und zaubert deinem Kind so sein eigenes Reich, in dem es tun und lassen kann, was es möchte.

6. Gönne deinem Kind Erfolgserlebnisse

Als Elternteil möchtest du dein Kind natürlich immer unterstützen und ihm helfen. Damit möchtest du einfach nur sicherstellen, dass ihm nichts passiert. Aber jetzt mal Hand aufs Herz: Einen Gefallen tust du ihm damit nicht, erst recht nicht in der Autonomiephase.

Dein Nachwuchs erkennt gerade nicht nur, dass er einen eigenen Willen hat, sondern verspürt auch die Motivation, etwas allein zu schaffen. Also greife nicht überall ein, sondern gib ihm die Chance, Erfolg zu erleben. Damit bildest du die Grundlage für das spätere Selbstbewusstsein deines Kindes.

Gleichzeitig kann es so lernen, dass nicht alles auf Anhieb gelingt. Es sieht, dass manchmal mehr als nur ein Anlauf nötig ist, um ans Ziel zu kommen. So versteht es, dass es sich lohnt, es immer wieder zu versuchen und gibt nicht gleich nach dem ersten Versuch auf.

7. Gestehe deinem Kind mehr Selbstständigkeit zu

Dein Sprössling lernt sich gerade selbst als eigenständige Person kennen und verspürt immer mehr den Drang, als vollwertiges Familienmitglied angesehen zu werden. Du wirst beobachten können, dass es versucht, dich beim Verrichten alltäglicher Dinge nachzuahmen. Unterstütze es dabei!

Lasse es beispielsweise sein Kindergeschirr ganz allein auf den Tisch stellen, Servietten an die Familie verteilen oder dir beim Kochen einen Holzlöffel bringen. Gib ihm das Gefühl, einen wertvollen Beitrag zu leisten.

8. Bedanke dich

Möchte dein Kind dir helfen und bringt dir beispielsweise einen Stift, falls du mal etwas aufschreiben möchtest, dann schicke es nicht einfach wieder weg. Bedanke dich bei ihm, auch wenn du den Stift gerade überhaupt nicht brauchst. Es wollte etwas Sinnvolles beitragen und das solltest du wertschätzen. Sage einfach: „Danke“. Dir tut es nicht weh und dein Kind freut sich darüber. Andernfalls kann sich wieder unnötiger Frust anstauen, denn dein Sprössling versteht nicht, warum er weggeschickt wird, obwohl er dir einen Gefallen tun wollte.

9. Erkenne erste Anzeichen

Irgendwann wird es dir gelingen, schon früh zu erkennen, wenn sich ein Wutausbruch anbahnt. Bemerkst du beispielsweise, dass dein Kind beginnt, zu nörgeln, langsam quengelig wird oder vielleicht gerade ganz schön müde ist? Dann kannst du schnell eingreifen und der Sache entgegenwirken.

Lenke es ab und nimm so Druck aus der Situation. Schlage ihm vor, gemeinsam etwas zu spielen oder zu lesen oder gehe mit ihm nach draußen. Du kannst es auch ganz direkt fragen, wie es ihm gerade geht oder woran es denkt.

Hast du das Gefühl, es ist müde, dann lade es doch einfach ein, ein bisschen mit dir zu kuscheln. Die Hauptsache ist, dass du möglichst früh aktiv wirst, damit sich der Frust deines Kindes gar nicht erst so weit anstauen kann, dass es zum Ausbruch kommt.

So unterstützt du dein Kind beim Lernen in der Autonomiephase

Die Autonomiephase ist weder für dich, noch für dein Kind leicht. Deinerseits sind viel Geduld und Einfühlungsvermögen gefragt. Schenke deinem Nachwuchs jetzt unbedingt die Aufmerksamkeit, die es braucht, aber schränke ihn dabei nicht zu stark ein. Gib ihm die Chance, Erfolgserlebnisse zu feiern und Herausforderungen selbst zu meistern. Zeige ihm aber dennoch, dass du immer an seiner Seite stehst, falls er deine Unterstützung benötigt.

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