Während in früheren Zeiten der autoritäre Erziehungsstil in vielen Familien dominant gewesen ist, gibt es heutzutage eine Vielzahl verschiedener Erziehungskonzepte. Hierzu zählt beispielsweise die antiautoritäre Erziehung, auch als Laissez-faire Erziehungsstil bekannt, sowie der autoritative Erziehungsstil. Letzterer bildet einen Mittelweg zwischen den beiden Konzepten.
Aber welche Vorteile bietet der autoritative Erziehungsstil und wie kannst du ihn alltagstauglich umsetzen? Dies möchten wir dir im nachfolgenden Artikel erklären.
Der autoritative Erziehungsstil ist ein demokratischer Erziehungsstil, allerdings handelt es sich nicht um antiautoritäre Erziehung. Die Abgrenzung zu letzterem Konzept besteht darin, dass es durchaus Regeln und Grenzen gibt. Werden diese nicht eingehalten, muss das Kind mit angemessenen Konsequenzen rechnen.
Im Gegensatz zum autoritären Erziehungsstil ist der autoritative Erziehungsstil jedoch von Wärme, Fürsorge und Wertschätzung der kindlichen Persönlichkeit geprägt. Die Familienregeln werden nicht willkürlich diktiert, sondern gemeinsam besprochen und erklärt. Selbiges gilt für die Konsequenzen. Das Kind fühlt sich als vollwertiges Familienmitglied, dessen Bedürfnisse und Ansichten Berücksichtigung finden.
Darüber hinaus wird den Kindern ein gewisser Handlungs- und Entscheidungsfreiraum zugestanden, was durchaus an die antiautoritäre Erziehung angelehnt ist. Die Freiheiten des Kindes orientieren sich hierbei an dessen Alter, d. h. sie werden kontinuierlich angepasst. Die Eltern lenken die Erziehung durch respektvoll formulierte Regeln und Erwartungen.
Der autoritative Erziehungsstil ist durch folgende sechs Merkmale gekennzeichnet:
Sowie die autoritäre und antiautoritäre Erziehung bringt auch der autoritative Erziehungsstil verschiedene Vor- und Nachteile mit sich. Diese möchten wir im Folgenden näher beleuchten.
Der autoritative Erziehungsstil bietet zahlreiche Vorteile:
Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein
Autoritativ erzogene Kinder sind oftmals selbstständiger und verantwortungsbewusster als Gleichaltrige, die eine autoritäre oder antiautoritäre Erziehung genießen. Dies hängt damit zusammen, dass die Kinder nicht nur einen gewissen freien Entscheidungsspielraum haben, sondern auch mit den Konsequenzen falsch getroffener Entscheidungen umgehen müssen.
Hoher Selbstwert
Da die Eltern ihre Kinder als vollwertige Persönlichkeiten betrachten und deren Meinungen sowie Wünsche berücksichtigen, kann sich ein starkes Selbstwertgefühl entwickeln, welches auch später im Beruf von Vorteil ist.
Teamfähigkeit
Durch die in der Familie gelebte Responsivität (Bereitschaft, sich abzustimmen), haben autoritativ erzogene Kinder in der Regel keine Probleme, sich in gesellschaftliche Strukturen zu integrieren. Sie behandeln ihre Mitmenschen mit Taktgefühl, Empathie und Respekt, da sie dies von ihren Eltern vorgelebt bekommen haben. Darüber hinaus sind sie überaus kompromissbereit.
Vertrauen
Autoritativ erzogene Kinder erleben eine sichere Bindung zu ihren Eltern, wodurch es ihnen leicht fällt, im späteren Leben Vertrauen zu anderen Menschen aufzubauen. Die Chance, gleichberechtigte Partnerschaften und Freundschaften zu führen, ist hoch.
Flexibilität
Der autoritative Erziehungsstil ist weder von starren Regeln geprägt wie die autoritäre Erziehung noch handelt es sich um ein nahezu regelfreies Konzept wie die antiautoritäre Erziehung. Die autoritative Erziehung zeichnet sich durch Flexibilität aus, wodurch es möglich ist, die geltenden Regeln stets nach Bedarf nachzujustieren. Auf diese Weise erhält das Kind eine alters- und situationsangepasste Leitung durch die Eltern.
Trotz aller Vorteile möchten wir die möglichen Risiken des autoritativen Erziehungsstils nicht unerwähnt lassen:
Freie Entfaltung fraglich
Das Konzept der freien Entfaltung, welches durch die autoritative Erziehung angestrebt wird, gilt unter Kritikern als fraglich. In der Praxis kommt es häufig vor, dass die Eltern ihre Kinder doch nicht frei entscheiden lassen, um sie vor absehbaren negativen Konsequenzen zu bewahren.
Zu harte Konsequenzen
Ein wesentliches Merkmal der autoritativen Erziehung besteht darin, dass jedes Fehlverhalten eine unmittelbare Konsequenz nach sich zieht. Nehmen Eltern dies zu genau, kann es unter Umständen zu unverhältnismäßigen Maßregelungen kommen.
In der Theorie hört sich das Konzept des autoritativen Erziehungsstils für dich stimmig an, aber du fragst dich, wie du es alltagstauglich umsetzen kannst? Die folgenden sechs Tipps sollen dir eine Hilfestellung geben:
Berufe einen Familienrat ein, bei welchem ihr euch alle zusammensetzt und gemeinsam die Regeln für euer harmonisches Zusammenleben besprecht. Sowohl die Erwachsenen als auch die Kinder dürfen ihre Wünsche und Erwartungen äußern. Haltet eure Regeln am besten schriftlich fest. Empfehlenswert ist es, ein Plakat mit den Familienregeln zu gestalten und dieses in der Wohnung aufzuhängen.
Du als Elternteil stehst in der Verantwortung, deinem Kind den Unterschied zwischen richtig und falsch zu erklären. Ein Kind testet seine Grenzen aus und kann nicht immer wissen, mit welchem Verhalten es anderen Menschen Schaden zufügt. Daher solltest du klar formulieren, welche Verhaltensweisen inakzeptabel sind (z. B. schlagen, treten, beißen, beleidigen).
Damit dein Kind seine Entscheidungen frei treffen kann, muss es wissen, mit welchen Konsequenzen es zu rechnen hat. Achte jedoch darauf, dass die Strafen verhältnismäßig sind und im Idealfall einen Bezug zum Vergehen aufweisen. Schubst dein Kind beispielsweise ein anderes Kind auf dem Spielplatz von der Schaukel, wäre die logische Konsequenz, dass ihr den Spielplatz verlasst.
Dein Kind ist auf deine emotionale Zuwendung angewiesen, um sich gesund zu entwickeln. Zeige deinem Kind, dass es dir wichtig ist und dass du es bedingungslos liebst. Bestrafe dein Kind niemals mit Liebesentzug, ganz gleich, was es angestellt hat.
Dein Kind entwickelt sich ständig weiter. Aus diesem Grunde ist es notwendig, dass du deinen Erziehungsstil entsprechend anpasst. Ein älteres Kind sollte schrittweise immer mehr Verantwortung und Freiheiten bekommen. Auch hinsichtlich der Konsequenzen gilt es regelmäßig zu reflektieren, ob es Änderungsbedarf gibt.
Um zu lernen, gute Entscheidungen zu treffen, braucht dein Kind ausreichend Gelegenheiten hierzu. Biete deinem Kind daher so oft wie möglich Wahloptionen an: Dies beginnt bei der Wahl der Anziehsachen bis hin zu der Frage, ob die Hausaufgaben gleich nach der Schule oder lieber am späten Nachmittag erledigt werden.
Der autoritäre Erziehungsstil ist von Strenge, einer hohen elterlichen Erwartungshaltung sowie von wenig Lob geprägt. Die Ansichten und Wünsche der Kinder werden denen der Erwachsenen untergeordnet. Es finden keine demokratischen Absprachen statt, die alleinige Entscheidungsbefugnis obliegt den Eltern. Fast bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war die autoritäre Erziehung in vielen Familien üblich.
Heute weiß man, dass der autoritäre Erziehungsstil sich negativ auf die kindliche Entwicklung auswirken kann. Kreativität und Individualität werden kaum gefördert. Auch die emotionalen Bedürfnisse des Kindes werden nur unzureichend oder gar nicht gestillt, da die Eltern nicht als liebevolle Bezugspersonen, sondern als strenge Autoritäten auftreten.
Infolgedessen können sich psychische Erkrankungen wie z. B. Angststörungen, Zwangsstörungen oder Paranoia entwickeln. Auch aggressives Verhalten wird bei autoritär erzogenen Kindern häufiger beobachtet. Dies geht u. a. aus folgender wissenschaftlicher Ausarbeitung hervor.
Die antiautoritäre Erziehung wurde in den 1960er-Jahren als Gegenstück zur autoritären Erziehung entworfen. Die antiautoritäre Erziehung lässt den Kindern sehr viel Freiraum für eigene Entscheidungen. Es gibt keine festen Verhaltensregeln. Steht eine wichtige Entscheidung an, unterbreiten die Eltern ihren Kindern Anregungen und Vorschläge. Aus diesem Grunde ist die antiautoritäre Erziehung nicht gänzlich unumstritten.
Kritiker merken an, dass die antiautoritäre Erziehung ein mangelndes Pflichtgefühl begünstigt, da die Kinder stets nur die Dinge tun müssen, die ihnen Spaß machen. Letzteres sei jedoch in der Erwachsenenwelt lebensfremd. Die antiautoritäre Erziehung sollte also gut überdacht werden.
Der autoritative Erziehungsstil bietet einen Mittelweg zwischen der autoritären sowie der antiautoritären Erziehung. Wie so oft beweist sich die goldene Mitte zwischen zwei Extremen als die erfolgreichste Methode, um das gewünschte Ziel zu erreichen: In diesem Fall geht es darum, Kinder zu starken und selbstbewussten Erwachsenen zu erziehen.
Da autoritativ erzogene Kinder zwar Regeln befolgen müssen, aber dennoch ein hohes Maß an Entscheidungsfreiheit und Eigenverantwortung zugesprochen bekommen, glänzen sie im späteren Leben mit Selbstbewusstsein und Verantwortungsgefühl. Dies ist sowohl in privaten als auch in beruflichen Belangen von großem Vorteil.
Greifen wir den Aspekt der beruflichen Vorteile noch etwas ausführlicher auf: Kinder, die autoritativ erzogen worden sind, können sich bestens in bestehende Hierarchien einfügen. Sie haben in ihrer Kindheit gelernt, Autoritäten und Regeln zu respektieren und sich entsprechend zu verhalten. Durch rebellisches Verhalten fallen sie daher nur selten auf. Letzteres lässt oftmals auf eine antiautoritäre Erziehung schließen.
Allerdings sind autoritativ erzogene Kinder durchaus in der Lage, Anweisungen zu hinterfragen und ihren eigenen Standpunkt zu verteidigen. Hierbei gehen sie jedoch mit Fingerspitzengefühl und Respekt vor.
Autoritativ erzogene Kinder sind zudem offen für die Ansichten ihrer Mitmenschen, was sie zu perfekten Teamplayern macht. Sie sind stets auf der Suche nach konstruktiven Lösungen und können Kompromisse erarbeiten, die für beide Parteien akzeptabel sind. Der Aspekt der Teamfähigkeit stellt in vielen Berufen eine Grundvoraussetzung dar.
Dass Kindheitserfahrungen Einfluss auf die seelische Gesundheit nehmen und das spätere Verhalten entsprechend prägen, gilt längst als wissenschaftlich erwiesen. Oftmals haben Depressionen oder Angststörungen ihren Ursprung in der Kindheit.
Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg haben nun in einer aktuellen Studie belegt, dass die Suizidrate bei autoritativ erzogenen Kindern wesentlich niedriger ist als in der Allgemeinbevölkerung.
Der autoritative Erziehungsstil bringt zahlreiche Vorteile sowohl für die Eltern als auch für die Kinder mit sich. Dies wird besonders deutlich, wenn man die autoritäre sowie die antiautoritäre Erziehung zum Vergleich heranzieht. Sofern du den Erziehungsstil richtig umsetzt, haben deine Kinder sehr gute Chancen, zu selbstbewussten, empathischen und erfolgreichen Erwachsenen heranzureifen.
Selbstverständlich wirst du auf diesem Weg einige Stolperfallen umschiffen müssen. Der autoritative Erziehungsstil verlangt eine unmittelbare Konsequenz nach einem Fehlverhalten, was im Alltag jedoch nicht immer leicht umzusetzen ist. Sofern es sich um Kleinigkeiten handelt, ist es empfehlenswert, dass du dich erst einmal entspannst und die Situation überdenkst. Manchmal müssen Regeln auch angepasst werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein stures Erziehungskonzept nur selten zum Erfolg führt und kaum durchgängig umzusetzen ist. Die Leitlinien der autoritativen Erziehung, gepaart mit ein wenig Gelassenheit, können dir eine gute Orientierung bieten, um dein Kind bestmöglich auf seinem Weg in die Selbstständigkeit zu begleiten.