Im Leben gibt es immer wieder Situationen, in denen nichts so richtig glattgeht. Gar nicht so einfach, dann ruhig und gelassen zu bleiben. Gehörst du auch zu den Zeitgenossen, die aus der Haut fahren, wenn mal wieder nichts so läuft, wie du es möchtest? Wie gerne würdest du dann souverän und besonnen reagieren. Bewundernd blickst du auf die Menschen, die auch in den scheinbar aussichtslosesten Momenten die Ruhe selbst sind und wärst gerne wie sie. Auch wenn du schnell die Fassung verlierst, kannst du es schaffen, entspannter zu werden. Tatsächlich lässt sich Gelassenheit nämlich lernen.
Die Fähigkeit, cool zu bleiben, auch wenn es gerade heiß hergeht – das ist Gelassenheit. Wer gelassen ist, agiert souverän und ist frei von Angst, wie die Geschäftsführerin, Beraterin und Seminarleiterin Elke Nürnberger in ihrem Buch „Gelassenheit lernen“ schreibt. Gelassene Menschen ruhen in sich und vergeuden ihre Zeit nicht damit, sich über Dinge aufzuregen, die sie nicht beeinflussen können. Sie nehmen sie so an wie sie sind und schaffen es, Stress, Hektik und Sorgen an sich abprallen zu lassen.
Besonders nervige Kleinigkeiten bringen diese Menschen nicht aus der Ruhe. Gelassenheit ist die innere Einstellung, in jeder Situation besonnen zu bleiben. Egal, ob der Job gerade extrem stressig ist, auf der Autobahn Stau herrscht, der Zug Verspätung hat oder ob es im Privatleben gerade drunter und drüber geht.
Wer gelassen ist, kann mit solchen Situationen besser umgehen. Gelassenheit ist also das Gegenteil von Nervosität und Unruhe und die Fähigkeit, ganz im Hier und Jetzt zu sein.
Gelassen zu sein hat viele Vorteile. Zum einen kannst du rationaler denken und findest deshalb schneller Lösungen. Du siehst Möglichkeiten, die dir im Sturm der Emotionen verborgen bleiben. Gelassenheit verleiht Sicherheit, Probleme entspannt zu meistern. Zum anderen senkt Gelassenheit deinen Energieverbrauch deutlich und schont die Nerven.
Doch das ist noch längst nicht alles. Gelassenheit ist auch gut für die Gesundheit. Wenn du gelassen bist, stärkst du dein Immunsystem und schonst Herz und Kreislauf. Wer in Krisensituationen entspannt bleibt, schüttet viel weniger Cortisol aus. Dieses Stresshormon ist unter anderem dafür verantwortlich, dass sich die Balance der T-Helferzellen verschiebt, wie der Psychoneuroimmunologe Christian Schubert von der Medizinischen Universität Innsbruck erklärt. Wer ständig unter Stress steht, hat ein erhöhtes Risiko für virale Erkrankungen, Bluthochdruck, Herzinfarkt und Krebs. Gelassenheit dagegen unterbindet die Ausschüttung von Cortisol und sorgt dafür, dass die T-Helferzellen gestärkt werden.
Wer gelassen ist, lebt also länger, wie auch in Studien nachgewiesen wurde. Zudem ist die innere Ruhe auch gut für die Psyche. Gelassene Menschen sind weniger anfällig, Depressionen zu bekommen. Sie können mit Schicksalsschlägen besser umgehen, gewinnen ihren Optimismus schneller zurück und sind zufriedener. Nicht zuletzt werden sie von ihren Mitmenschen als sympathischer und attraktiver wahrgenommen als diejenigen, die schnell die Fassung verlieren.
Es gibt also viele gute Gründe, mehr Gelassenheit ins Leben zu lassen. Der erste Schritt dorthin ist die Überlegung, in welchen Situationen du dazu neigst, auszurasten.
Wenn du noch nicht dein gewünschtes Gelassenheits-Level erreicht hast, lohnt sich ein kritischer Blick nach innen. In welchen Situationen gerätst du in Stress und verlierst die Fassung? Die Gründe hierfür können vielfältig sein. Für manche reicht es schon aus, morgens länger als geplant bei der Wahl des Outfits zu brauchen. Andere geraten in Wut, wenn der Vordermann im Auto nicht so fährt, wie sie es gerne hätten. Auch Staus oder Zugverspätungen sind für viele ein Grund, aus der Haut zu fahren.
Die Deadline naht und du bist mit deinem Projekt noch nicht einmal annähernd fertig. Ein Gefühl der Überforderung am Arbeitsplatz ist ein weiterer Grund, die Gelassenheit zu verlieren. Vielleicht hast du Ärger mit deinem Partner, die Kinder schießen quer oder du fühlst dich ausgenutzt, ungerecht behandelt und nicht wertgeschätzt. All das sind schwerwiegende Dinge, die einen wirklich aus der Fassung bringen können. Auch permanenter Erfolgsdruck und hohen Erwartungen, die du selbst an dich stellst, können dir deine innere Ruhe rauben.
Natürlich ist es gut und richtig, zielstrebig zu sein und Erfolg haben zu wollen. Doch wenn daraus krankhafter Ehrgeiz wird, ist der Stress schon vorprogrammiert. Auch Kontrollfreaks sind selten gelassen. Wenn unvorhergesehene Situationen auftreten, entsteht für sie schnell ein Gefühl von Kontrollverlust und Machtlosigkeit. Die natürliche Reaktion solcher Menschen ist es, nervös zu werden und sich aufzuregen. Doch damit geht auch die Kontrolle über die eigenen Emotionen verloren.
Manchmal reichen aber schon ganz banale Dinge, um die Fassung zu verlieren. Vielleicht bist du zu einem schönen Abendessen in einem feinen Restaurant eingeladen und hast dich schick gemacht. Prompt kleckerst du Soße auf dein Outfit. Oder du kommst nach einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause und sehnst dich nach Ruhe, aber die Familie belagert dich.
Doch egal in welcher Situation du dich auch befindest, du hast immer die Wahl, wie du damit umgehst. Es liegt an dir, wie viel Aufmerksamkeit du ihr schenken möchtest und welche Haltung du einnimmst! Du kannst dich natürlich darüber aufregen, du musst es aber nicht. Ebenso gut kannst du tief durchatmen, ruhig bleiben und lächeln. Hier liegt der Schlüssel zu mehr Gelassenheit im Leben.
Lass dich nicht entmutigen, wenn du noch weit davon entfernt bist, gelassen zu sein. Auch du kannst Gelassenheit lernen. Es erfordert einiges an Arbeit und muss, besonders in der Anfangszeit, ständig trainiert werden. Nur durch das Wiederholen gleicher Denkmuster können laut Hirnforschern der kalifornischen Stanford University im Gehirn neue Nervenverbindungen angelegt werden.
Du kannst dir das in etwa so vorstellen, wie das Erlernen einer neuen Sportart. Wenn du also zu der Fraktion gehörst, die schnell in die Luft geht und sich aufregt, dann musst du zunächst einmal deine Verhaltensmuster ändern. Du bist es gewohnt, nervös zu werden und in Stress zu geraten. Bei Konfrontationen mit anderen wirst du laut, anstatt ruhig zu argumentieren. Vielleicht denkst du dir auch, dass Gelassenheit und du nicht wirklich zusammenpassen oder dass es bei deinem stressigen Beruf ohnehin nicht möglich ist, ruhig und gelassen zu sein.
Natürlich kannst du nicht von heute auf morgen den Schalter umlegen und plötzlich tiefenentspannt sein. Wenn du aber dein Mindset änderst und dir vornimmst, dich nicht mehr bei jeder Kleinigkeit aus der Ruhe bringen zu lassen, stellst du die Weichen für mehr Gelassenheit in deinem Leben. Es ist ein langer Weg, doch der Anfang ist gemacht, wenn du erkannt hast, dass du so nicht mehr weitermachen möchtest. Der nächste Punkt ist das Identifizieren der Situationen, die dich aus deinem inneren Gleichgewicht bringen.
Wenn es dir hilft, dann schreibe alles, was bei dir Stress verursacht, auf eine Liste. Beobachte dich und deine Reaktion auf bestimmte Situationen. Halte dir vor Augen, dass es deine Entscheidung ist, wie du mit ihnen umgehst. Du musst nicht auf sie reagieren. Doch genau das ist ja die Schwierigkeit, zumindest zu Anfang. Brenzlige Situationen zu erkennen, bringt dir nicht automatisch die ersehnte Gelassenheit. Die wahre Kunst ist es, genau dann souverän und entspannt zu bleiben. Damit dir das in Zukunft immer leichter fällt, folgen jetzt ein paar Gelassenheit-Tipps.
Um ein gelassener Mensch zu werden, musst du dich nicht völlig von der Außenwelt abschotten. Im Gegenteil, Gelassenheit lernen funktioniert nur, wenn du deinen ganz normalen Alltag lebst. Tag für Tag wirst du genug Situationen ausgesetzt werden, in denen du die Wahl hast, auszurasten oder gelassen zu bleiben. Ermahne dich zur Ruhe, wenn außer dir mal wieder nur Schnecken im Auto unterwegs sind, deine Kollegen nerven oder dein Kind permanent quengelt. Mit diesen elf Gelassenheit-Tipps fällt dir das von Mal zu Mal leichter und du kannst sie nach einiger Zeit auch auf alle anderen Situationen anwenden.
1. Mach dich locker
Das ist durchaus wörtlich zu nehmen. In Stresssituationen neigen wir dazu, uns zu verspannen und flacher zu atmen. Deshalb ist der erste Schritt, tief durchzuatmen, sobald du einen Stressor identifiziert hast. Stell dich aufrecht und lasse die Schultern locker hängen. Jetzt atmest du mindestens fünfmal tief durch die Nase ein. Der Atem sollte den Bauchraum erreichen. Ausgeatmet wird durch den Mund.
So wird dein Körper automatisch entspannt und das Gehirn mit mehr Sauerstoff versorgt. Ergänzend kannst du deine Schultern ein paar Mal kreisen lassen. Das Lösen äußerer Verspannungen entspannt dich auch innerlich. Du hast etwas Abstand zu der Situation gewonnen und kannst gelassener reagieren.
2. Reflektiere deine Wahrnehmung
Überlege, ob die Situation wirklich so schlimm ist, wie sie in deinem Kopfkino dargestellt wird. Wenn man in Rage ist, dramatisiert man die Dinge gerne und sie erscheinen bedrohlicher als sie tatsächlich sind.
3. Schweigen ist Gold
Gerade wenn eine Situation zu eskalieren droht, ist es klug, zunächst einmal nichts zu sagen. So kannst du ein wenig Abstand schaffen und vermeidest es, aus einem Impuls heraus Dinge zu sagen, die dir später vielleicht leidtun. Wenn du dich beruhigt hast, kannst du die Situation nüchtern und sachlich angehen.
4. Achte auf deine Wortwahl
Dein Schreibtisch quillt über, die Hausarbeit nimmt mal wieder kein Ende und zu allem Überfluss flattert auch noch eine saftige Rechnung ins Haus, obwohl auf deinem Konto gerade Ebbe herrscht. Klar, dass man dann gerne von einer Katastrophe oder einem Desaster spricht. Doch auch wenn deine derzeitige Situation nicht gerade rosig erscheint, solltest du versuchen, sie nicht mit negativen Worten noch schlimmer zu machen.
Denn dadurch wird sie in deinem Kopf immer auswegloser und es fällt dir immer schwerer, dich in Gelassenheit zu üben. Versuche, objektiv zu bleiben. Du kannst dir sagen, dass die momentane Lage problematisch ist, doch du dein Bestes gibst. Ruf dir ins Gedächtnis, was du früher schon alles geschafft hast. Das motiviert und hilft dir, die Sache gelassen anzupacken.
5. Sprich mit jemandem
Wer Ängste oder Probleme hat, neigt dazu, sich zurückzuziehen. Doch das führt dazu, dass sie in deinem Kopf nur noch übermächtiger werden. Es wirkt entspannend, mit einer Person deines Vertrauens über die Dinge zu sprechen, die dich belasten. So siehst du deine Sorgen aus einem anderen Blickwinkel und bekommst Lösungsvorschläge, an die du noch gar nicht gedacht hast.
6. Sage auch mal nein
Wenn du das Gefühl hast, dir wird alles zu viel, dann sage nein, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Das gilt sowohl für den Beruf als auch für das Privatleben. Wenn du deine Grenzen kennst und sie auch verteidigst, bringst du mehr Gelassenheit in deinen Alltag.
7. Setze Prioritäten
Die berühmte To-do-Liste ist dir aus deinem Berufsalltag sicher vertraut. Hier wird alles nach Wichtigkeit und Dringlichkeit geordnet. Eine solche Prioritätenliste kannst du dir auch für dein Privatleben sowie für deinen Familien- und Freundeskreis anlegen. Nicht alles muss sofort erledigt werden und vielleicht kann der Besuch bei Tante Berta auch noch etwas warten. So entschleunigst du deinen Alltag und bist entspannter.
8. Niemand ist perfekt
Natürlich gibst du immer dein Bestes, aber es müssen nicht immer 100 Prozent sein. Der Hang zum Perfektionismus setzt dich selbst unter Druck und ist tödlich für deine Gelassenheit. Oft erwartest du denselben Perfektionismus auch von anderen. Doch es ist eben niemand perfekt und Fehler können sich immer mal einschleichen. Gestehe sie dir – und auch anderen – zu. Das macht dich zu einem gelasseneren Menschen.
9. Finde einen Ausgleich
Wenn dich der Alltag aufzufressen droht, wird es Zeit, die Notbremse zu ziehen. Regelmäßige Pausen tagsüber helfen dir ebenso, ausgeglichen zu bleiben wie ausreichender Schlaf. Auch Meditation oder autogenes Training können dir zu innerer Ruhe verhelfen. Setze dich mit einem Buch in deinen Lieblingssessel oder verabrede dich mit Freunden. Was immer dir Spaß macht und guttut, macht dich gelassener.
10. Treibe Sport
Sport ist ein perfektes Ventil, um Stress und Frust abzubauen. Ganz abgesehen davon tust du dadurch natürlich auch etwas für deine Gesundheit und Fitness. Wenn du dich in deinem Körper wohlfühlst, wirst du selbstbewusster und damit letztendlich gelassener.
11. Übe Nachsicht
Auch wenn dich deine Mitmenschen mal wieder auf die Palme bringen, versuche, nachsichtig zu sein. Du kennst den Grund für ihr Handeln nicht. Vielleicht haben sie selbst gerade mit Problemen zu kämpfen, die sie überfordern. Das bedeutet natürlich nicht, dass du alles hinnehmen sollst. Doch es bringt nichts, sich darüber aufzuregen.
Gelassenheit zu lernen, ist eine Lebensaufgabe. Da du nicht immer beeinflussen kannst, in welche Situationen du gerätst, wird es immer wieder Momente geben, die dich an deine Grenzen bringen. Dann ist es wichtig, dich daran zu erinnern, dass du die Entscheidungsgewalt hast. Du bestimmst, wie du reagierst. Diese Entscheidung kannst du Tag für Tag aufs Neue treffen. Mit etwas Übung und unseren Gelassenheit-Tipps wird dir das zunehmend leichter fallen. Schließlich wirst du bemerken, dass Gelassenheit für dich zu einer Gewohnheit geworden ist.