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Was ist eine passiv aggressive Persönlichkeit und wie erkennt man diese?

Lesezeit von 8 Minuten
Was ist eine passiv aggressive Persönlichkeit und wie erkennt man diese?

Die Bezeichnung passiv aggressiv mag im ersten Moment etwas irreführend klingen. Unter Aggressivität verstehen wir schließlich einen direkten körperlichen oder verbalen Angriff. Aber es gibt Menschen, die durchaus auf passive (untätige) Weise ihre Aggression zum Ausdruck bringen. Dies kann für das Umfeld manchmal sogar noch unangenehmer sein als direkte Aggression.

Passiv-aggressives Verhalten: Was ist das?

Zunächst einmal ist es wichtig, den passiv aggressiven Persönlichkeitsstil von der passiv aggressiven Persönlichkeitsstörung abzugrenzen. Bei Letzterer handelt es sich um einen psychiatrischen Zustand. Die Betroffenen leisten passiven Widerstand gegen die Anforderungen des Lebens – sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld.

Ihr Verhalten ist häufig durch Widersprüchlichkeit gekennzeichnet: Worte und Handlungen stimmen nicht überein. Der Betroffene stimmt beispielsweise zu, eine Aufgabe zu erledigen, macht dies dann aber absichtlich nicht. Auf diese Weise sollen die abgelehnten Anforderungen passiv – durch Nichtstun – boykottiert werden.

Der Übergang vom passiv aggressiven Persönlichkeitsstil zur passiv aggressiven Persönlichkeitsstörung verläuft fließend. Menschen, die sich passiv aggressiv verhalten, sind gar nicht oder nur begrenzt in der Lage, Konflikte offen auszutragen und zu argumentieren. Stattdessen drücken sie ihren Frust und Ärger in unbehaglichem Schweigen aus.

Warum und wie sich aus einem passiv aggressiven Persönlichkeitsstil eine passiv aggressive Persönlichkeitsstörung entwickelt, ist im Handbuch für Klinische Psychologie & Psychotherapie von P. Fiedler ausführlich beschrieben.

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Gründe für passiv aggressives Verhalten

Menschen, die sich passiv aggressiv verhalten, leiden häufig unter einem sehr geringen Selbstwertgefühl. Sie sind der Ansicht, anderen unterlegen zu sein, wenn es um zielführende Argumentationen geht. Letzteres muss nicht wirklich zutreffen, die Betroffenen sind jedoch von ihrer eigenen Inkompetenz überzeugt. Das Gefühl, minderwertig zu sein, führt zu großem seelischen Frust.

Möglicherweise liegen die Ursachen hierfür in der Kindheit. Wer von seinen Eltern passiv aggressiv erzogen wurde, übernimmt dieses Verhalten als Erwachsener. Wie sehr die Erziehung das spätere Verhalten prägen kann, wurde wissenschaftlich mehrfach untersucht:

Es gibt nicht „den einen Grund“ für passiv aggressives Verhalten und / oder die passiv aggressive Persönlichkeitsstörung. Es handelt sich zumeist um ein Zusammenspiel aus Minderwertigkeitsgefühlen, pessimistischer Lebenseinstellung, Erziehung und anderen psychosozialen Faktoren.

passiv aggressives Verhalten

Wie äußert sich passiv aggressives Verhalten?

Sicherlich bist du schon mal passiv aggressiv behandelt worden oder hast dich gar selbst so verhalten. Dies bedeutet nicht automatisch, dass du generell passiv aggressiv veranlagt bist. Von Zeit zu Zeit hat wohl jeder von uns die Ohren sprichwörtlich auf Durchzug geschaltet, um einer ungeliebten Argumentation zu entfliehen oder andere durch Anschweigen zu bestrafen.

Entscheidend ist, dass sich diese Verhaltensweisen nicht zu einem Dauerzustand entwickeln. Wenn du nicht mehr in der Lage bist, konstruktiv zu diskutieren, solltest du dir Gedanken machen.

8 Anzeichen/Beispiele

Folgende Verhaltensweisen deuten auf eine passiv aggressive Persönlichkeit hin:

1. Es wird über andere statt mit anderen gesprochen

Jemand, der passiv aggressiv ist, meidet die direkte Konfrontation. Dennoch muss der Ärger ein Ventil finden. Fühlt ein passiv aggressiver Mensch sich ungerecht behandelt, wird er seinem gesamten Umfeld davon berichten. Allerdings wird er nie auf die Idee kommen, denjenigen anzusprechen, mit dem der Kernkonflikt besteht. Stattdessen wird die andere Konfliktpartei bei Kollegen, Freunden und Familie denunziert.

2. Anderen wird ein schlechtes Gewissen gemacht

Kennst du die Aussage, dass Schweigen vernichtender sein kann als tausend gemeine Worte? Passiv aggressive Menschen wissen dies und machen sich diesen Umstand zunutze. Wenn jemand sie auf einen Fehler hinweist, ziehen sich passiv aggressive Menschen zutiefst verletzt zurück. Oft sprechen sie tagelang nicht mit der anderen Person, die sie ihrer Meinung nach zu Unrecht zurechtgewiesen hat.

Ziel ist es, der anderen Person ein schlechtes Gewissen zu vermitteln. Passiv aggressive Menschen hoffen, dass die andere Partei das Schweigen irgendwann nicht mehr aushält und sich entschuldigt. Oft funktioniert dies. Wer schon einmal angeschwiegen wurde, der weiß, wie unerträglich sich das anfühlen kann.

3. Rachefantasien dominieren die Gedanken

Wer passiv aggressiv ist, wird keine Kränkung vergessen. Dem äußeren Anschein nach ist das Streit verursachende Thema längst vom Tisch - die passiv aggressive Person schmiedet jedoch im stillen Kämmerlein Rachepläne. Sobald sich eine Gelegenheit bietet, wird die andere Streitpartei in Verruf gebracht oder deren Arbeit boykottiert.

Im Berufsleben leitet die passiv aggressive Person beispielsweise wichtige Informationen nicht weiter, um den Kontrahenten „dumm dastehen“ zu lassen.

4. Es wird absichtlich schlechte Arbeitsleistung erbracht

In jedem Beruf fallen unbequeme Aufgaben an. Wer passiv aggressiv ist, wird keineswegs einsehen, warum er sich damit befassen sollte. Stattdessen wird versucht, die unbeliebten Tätigkeiten auf andere abzuwälzen. Dies geschieht, indem derjenige absichtlich so schlecht oder langsam arbeitet, dass ihm die Aufgabe abgenommen werden muss.

5. Ärger wird verschleiert

Passiv aggressive Menschen machen häufig eine gute Mine zum bösen Spiel. Das bedeutet, dass sie z. B. lieb und freundlich zu jemandem sind, den sie eigentlich aus tiefstem Herzen verachten. Innerlich brodelt jedoch die Wut. Irgendwann werden die angestauten negativen Gefühle sich ein Ventil suchen, bei denen der andere zu Schaden kommt.

Hast du schon mal festgestellt, dass deine Handlungen und Gedanken nicht konform sind? In gewissem Maße kennt das jeder. Man lächelt, obwohl man traurig ist oder hilft widerwillig jemanden, der einen früher schlecht behandelt hat. Kommt es allerdings ständig vor, dass äußere Handlung und inneres Empfinden nicht zusammenpassen, kann dies ein Hinweis auf passiv aggressive Tendenzen sein.

6. Manipulation des Umfelds

Passiv aggressive Menschen scheuen sich, direkt um Hilfe zu bitten. Stattdessen zeigen sie anderen wortlos, wie schlecht sie sich fühlen, damit diese ihnen eine Aufgabe abnehmen oder einen Gefallen erfüllen. Sie beklagen sich laut und hoffen, dass ihr Gegenüber ihnen daraufhin die gewünschte Hilfe zuteilwerden lässt. Hierfür werden alle Register gezogen, um Mitgefühl zu erwecken. Stichwort: subtile emotionale Erpressung.

Ob die andere Person sich mit der Übernahme der Aufgabe oder der Erfüllung des Gefallens wohlfühlt, ist für die passiv aggressive Person zweitrangig. Unterbleibt das gewünschte Hilfsangebot trotz emotionaler Erpressung, wird die passiv aggressive Person äußerst wütend.

7. Das negative Selbstbild wird propagiert

Menschen, die passiv aggressiv sind, betrachten sich selbst als einen missverstandenen Einzelkämpfer, dem Unzumutbares aufgebürdet wird. Um keinen zu hohen Anforderungen ausgesetzt zu sein, reden sie sich selbst klein. Der Versuch, andere durch Leistung zu überzeugen, wird gar nicht erst in Erwägung gezogen.

Stattdessen wollen sie ihrem Umfeld gegenüber das Bild eines überlasteten, überforderten Menschen aufrechterhalten, auf den mehr Rücksicht genommen werden sollte. Misslingen Aufgaben aufgrund der negativen Einstellung tatsächlich, fühlen passiv aggressive Menschen sich in ihrer Inkompetenz bestätigt. Hier schließt sich ein Teufelskreis.

8. Wichtige Erledigungen werden absichtlich vergessen

Boykott und Manipulation sind eindeutig Anzeichen einer passiv aggressiven Persönlichkeit. Wenn diese Menschen keinen Sinn in einer Aufgabe sehen oder auf eine bestimmte Tätigkeit schlichtweg keine Lust haben, lassen sie es sein. Nach außen hin wird das absichtliche Versäumnis als Versehen dargestellt.

Beispiel im Berufsleben: Dem passiv aggressiven Menschen wird eine Aufgabe zugewiesen, die er als unnütz erachtet. Statt über die Sinnhaftigkeit in den Austausch zu gehen, versäumt er absichtlich die Abgabefrist.

Beispiel im Privatleben: Die passiv aggressive Person hat keine Lust, sich mit seinem Freund zu treffen. Statt die Verabredung abzusagen und sich damit in eine direkte Konfrontation zu begeben, wird er diese einfach „vergessen“.

Wie kann man mit passiv aggressiven Menschen umgehen?

Die wichtigste Grundregel im Umgang mit passiv aggressiven Menschen lautet, das Verhalten direkt anzusprechen. Viele begehen den Fehler, ihr Unbehagen einfach herunterzuschlucken. Dies ist auf Dauer jedoch kontraproduktiv. Zugegeben, es mag Überwindung kosten, jemanden auf sein passiv aggressives Verhalten hinzuweisen. Das ist jedoch der wichtigste Schritt zu einem konstruktiven Umgang miteinander.

Nachfolgend haben wir noch weitere Tipps für dich zusammengestellt, wie du dir den Umgang mit einer passiv aggressiven Person erleichtern kannst.

Umgang mit passiv aggressiven Personen

3 Tipps, für einen leichten Umgang mit passiv aggressiven Personen

1. Lass dich nicht anschweigen

Bleibe beharrlich und frage nach, worüber der andere sich ärgert. Spürst du, dass jemand „Ja” sagt und eigentlich „Nein” meint oder ständig um den heißen Brei redet? Dann sprich dies an. Kommuniziere klar und deutlich, dass du großen Wert auf einen ehrlichen Austausch legst.

Mache dir bewusst, dass passiv aggressive Menschen meist sehr unglücklich mit sich selbst sind. Sie leiden darunter, angeblich keiner Argumentation gewachsen zu sein. Von daher kann es helfen, ihnen den Schritt durch ehrliches Interesse zu erleichtern:

  • Wenn du Hilfe brauchst, kannst du mich ganz direkt danach fragen.
  • Ich lege Wert auf deine ehrliche Meinung.
  • Warum hältst du Aufgabe X für unsinnig?
  • Was könnte man deiner Meinung nach besser machen?

2. Bleibe geduldig und einfühlsam

Einen passiv aggressiven Menschen zu kritisieren, löst oftmals eine heftige Trotzreaktion aus. Derjenige verschließt sich deinen Anforderungen erst recht. Von daher solltest du stets mit Fingerspitzengefühl vorgehen. Der Betroffene muss erkennen, dass das passiv aggressive Verhalten selbstschädigend ist. Erst dann wird er bereit sein, etwas zu verändern. Dieser Prozess kann unterschiedlich lange dauern.

Übe daher keinen Grund aus, sondern begnüge dich mit einem kleinen Schubs in die richtige Richtung.

3. Das Selbstbewusstsein stärken

Im tiefsten Inneren sehnen sich alle Menschen nach Lob und Anerkennung. Dies ist bei passiv aggressiven Persönlichkeiten nicht anders. Stille dieses Bedürfnis, indem du ehrliches, positives Feedback verteilst. Im Idealfall erkennt die passiv aggressive Person, dass es sich viel besser anfühlt, sich anzustrengen und Lob zu erhalten, als ungeliebte Aufgaben abzuwälzen.

Zusätzlich wächst die Erkenntnis, dass auch schwierige Aufgaben ohne fremde Hilfe bewältigt werden können: Das Abwälzen wird als unnötig erkannt, das Selbstbewusstsein wird gestärkt.

Eigene Verhaltensweisen erkennen

Wie bereits erwähnt, bedienen wir uns alle ab und zu einer passiv aggressiven Verhaltensweise. Mal aus Wut, mal aus Trotz, mal aus erlebter Hilflosigkeit. All dies ist menschlich. Es wird erst dann problematisch, wenn direkte Auseinandersetzungen generell vermieden werden.

Ein gutes Indiz, um eigene, passiv aggressive Tendenzen zu erkennen, ist die Überprüfung des eigenen Sprachgebrauchs. Sprache ist ein mächtiges Instrument und wird nicht selten zu manipulativen Zwecken benutzt. Folgende Formulierungen sind typisch für passiv aggressive Menschen:

  • Das war nicht so gemeint ...
  • Ist ja jetzt auch egal ...
  • Du verstehst das nicht ...
  • Das hätte ich doch erledigen können ...
  • Wir machen es jetzt nach deinen Vorstellungen ...
  • Es ist alles in Ordnung ...
  • Dafür, dass es deine Idee war, ist es ganz gut geworden ...

Alle diese Formulierungen sind zutiefst manipulativ. Auch diejenigen, bei denen man es im ersten Moment vielleicht gar nicht bemerkt. Erkennst du dich in einem oder mehreren der Sätze wieder? Wenn du sie häufig verwendest, könntest du zu passiv aggressivem Verhalten neigen.

Eine weitere Möglichkeit, das eigene Verhalten zu ergründen und zu verstehen, ist, unser wissenschaftlich fundierter Greator Persönlichkeitstest. Indem du deine Stärken und Schwächen erkennst, kannst du lernen, dein volles Potenzial zu entfalten. Unser Test basiert auf dem DISG-Modell, das vier verschiedene Persönlichkeitstypen unterscheidet und einen tiefen Einblick in deine eigene Persönlichkeitsstruktur erlaubt.

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Geprüft von Dr. med. Stefan Frädrich

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