Update: 22.07.2024
Emotionale Erpressung kann es in jeder zwischenmenschlichen Beziehung geben. In Paarbeziehungen wirkt sich diese Verhaltensweise jedoch besonders verheerend aus. Indem einer Partei bewusst Schuldgefühle eingeredet werden, versucht der Erpresser seinen Willen zu erreichen. Dass dies keine gesunde Basis für eine glückliche Partnerschaft darstellt, ist selbsterklärend.
Die Schwierigkeit besteht darin, dass emotionale Erpressung nicht immer offensichtlich ist. Manchmal geschieht sie ganz subtil. Gerade deshalb ist es wichtig, dass du die Signale kennst und Methoden entwickelst, um dich zu schützen.
Die US-amerikanische Wissenschaftlerin und Psychologin Dr. Susan Forward, von der das erste Fachbuch zu diesem Thema stammt, beschreibt die emotionale Erpressung als eine Strategie, um andere Personen gefühlstechnisch zu manipulieren. Es werden Gefühle der Angst, Schuld und Verpflichtung geschürt, um andere Menschen zu einer bestimmten Handlung zu bewegen.
Der Unterschied zur klassischen Form der Erpressung besteht lediglich darin, dass hierbei nicht die persönlichen Gefühle der Parteien zueinander im Vordergrund stehen. Dennoch ist das Prinzip ähnlich: Um eine negative Konsequenz zu vermeiden, gibt das Opfer den Forderungen des Erpressers nach.
Wie eingangs bereits erwähnt, kann emotionale Erpressung auch subtiler Natur sein. Die Forderungen erfolgen in diesem Fall unterschwellig oder werden nur durch das Verhalten des Partners deutlich. Manchmal möchten sich weder Täter noch Opfer die emotionale Erpressung eingestehen oder sind sich dessen tatsächlich nicht bewusst.
Emotionale Erpressung kann sich auf verschiedene Weise äußern. Offene Wenn-Dann-Drohungen und Vorwürfe sind hierbei keine Seltenheit:
Aber auch nonverbale Signale wie das Anschweigen, Augenrollen oder Seufzen können – im richtigen Moment – wirksame Instrumente der emotionalen Erpressung sein.
Eine emotionale Erpressung läuft laut Dr. Susan nach folgendem Schema ab:
Ein emotionaler Manipulator handelt nicht immer in böser Absicht. Oftmals handelt es sich um Menschen mit einem sehr niedrigen Selbstbewusstsein, die von Zweifeln und Verlustängsten geplagt werden. Auch wenn dies natürlich die emotionale Erpressung nicht rechtfertigt, ist es wichtig, diesen Aspekt zu verstehen.
Man unterscheidet zwischen vier Erpresser-Typen:
Ein emotionaler Erpresser vom Typ des Bestrafenden wird dir eine Lektion erteilen, wenn du seinen Forderungen nicht nachkommst. Oftmals gehen diesem Verhalten offene Drohungen voraus:
Generell äußert sich die emotionale Erpressung bei diesem Typus durch Zorn und Aggression. Im Extremfall kann es sogar zu Handgreiflichkeiten kommen. Das Ziel besteht darin, dich zu bestrafen. Die Angst vor dieser Strafe soll dich dazu treiben, dich nach den Wünschen des Erpressers zu richten.
Der Masochist fügt sich selbst Leid zu, um dich dazu zu bringen, in seinem Sinne zu handeln. Das Extrembeispiel wären das Zufügen körperlicher Verletzungen. Viel häufiger ist das Vorgehen jedoch subtilerer Natur. Beispielsweise isst derjenige in deiner Gegenwart besonders ungesund, raucht, trinkt oder macht etwas anderes, das ihm schadet.
Dahinter können sich verschiedene Intentionen verbergen. Vielleicht möchte dein Partner dich mit diesem Verhalten dazu zwingen, mehr Zeit mit ihm zu verbringen:
Der leidende Erpressertypus stellt ausgiebig zur Schau, wie schlecht es ihm geht. Manche klagen ihr Leid verbal, während andere sich in deiner Gegenwart niedergeschlagen und traurig verhalten. Die Intention dahinter ist folgende: Du sollst etwas machen bzw. ändern, damit es dem anderen wieder besser geht. Das Verhalten und die Äußerungen des Leidenden wecken bewusst Schuldgefühle:
Der Lockende tarnt die emotionale Erpressung von allen Erpressertypen am geschicktesten. Die Forderung ist häufig als gut gemeinter Ratschlag oder als Zugeständnis getarnt:
Das Tückische: Der Erpresser wird immer wieder neue Gründe finden, um die Erfüllung der versprochenen Belohnung herauszuzögern. Statt sein Wort zu halten, wird er immer neue Forderungen stellen.
Emotionale Erpressung zu erkennen, ist nicht immer einfach. Sogar der Erpresser selbst ist sich seiner Handlung nicht immer bewusst. Wichtig zu wissen ist außerdem, dass nicht jedes geäußerte Bedürfnis deines Partners, das dir nicht zusagt, gleich als emotionale Erpressung zu werten ist. Umso wichtiger ist es, die zehn häufigsten Anzeichen von emotionaler Erpressung zu kennen.
Daran erkennst du, dass du emotional erpresst wirst:
Daran erkennst du, dass du jemand anderen emotional erpresst:
7. Du leidest unter großen Verlustängsten und würdest zu allen notwendigen Mitteln greifen, damit dein Partner bei dir bleibt.
8. Du hast das Gefühl, dass deine Bemühungen nicht genügend wertgeschätzt werden.
9. Immer wieder glaubst du, dass du deinem Partner gleichgültig bist und du jemand Besseren verdient hättest.
10. Du fühlst dich ständig ungerecht behandelt.
Zunächst einmal gilt, dass du dich keinesfalls schämen musst, wenn du ein Opfer emotionaler Erpressung geworden bist. Stattdessen ist es notwendig, die Ursachen zu ergründen: Welche Glaubenssätze und inneren Blockaden haben dich für die Manipulationsversuche überhaupt empfänglich gemacht?
Um den Ursachen auf den Grund zu gehen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine hilfreiche Methode ist das Meditieren. Indem du innerlich zur Ruhe kommst, gelingt es dir, deine Gefühle zur jeweiligen Situation zu ergründen und zu verarbeiten.
Weiterhin ist es hilfreich, das Thema im Rahmen eines Coachings aufzuarbeiten und die negativen Glaubenssätze aufzulösen. Unverarbeitete Erfahrungen können für emotionale Erpressung anfällig machen: Vielleicht hat dir bereits in deiner Kindheit jemand das Gefühl gegeben, dass deine Meinung nicht zählt. Wer ist das gewesen? Wie hast du damals reagiert und welche destruktiven Überzeugungen hast du ins Erwachsenenleben übernommen?
Emotionale Erpressung ist auf Dauer zermürbend und kann im schlimmsten Fall sogar krank machen. Damit es gar nicht erst so weit kommt, solltest du dich gezielt aus der ungesunden Spirale befreien. Mit den fünf folgenden Tipps kann dies gelingen:
Selbstbewusste Menschen lassen sich nicht so leicht manipulieren. Sie sind in der Lage, für die eigenen Bedürfnisse und Überzeugungen einzustehen. Mithilfe eines professionellen Coachings kann es dir gelingen, negative Glaubenssätze aufzulösen und dich innerlich zu stärken.
„Bis hier hin und nicht weiter!“ Du solltest es keinesfalls stumm aushalten, wenn jemand deine persönlichen Grenzen überschreitet. Kommuniziere klar und deutlich, welche Verhaltensweisen und Äußerungen du nicht duldest.
Wie bereits erörtert, geschieht emotionale Erpressung nicht immer bewusst. Sprich also offen mit deinem Partner und weise ihn darauf hin, wie du sein Verhalten wahrnimmst. Im Idealfall findet daraufhin ein Umdenken statt.
Sofern du die Beziehung nicht beenden möchtest, kann eine Paartherapie hilfreich sein. Dies ergibt jedoch nur dann Sinn, wenn dein Partner sein Fehlverhalten einsieht und etwas daran ändern möchte.
Deine seelische Gesundheit hat oberste Priorität. Sofern die oben genannten Maßnahmen erfolglos geblieben sind, bleibt dir in den meisten Fällen leider nur noch die Trennung übrig.
Emotionale Erpressung kann für beide Parteien ernsthafte Folgen haben. Der Erpresser vertreibt manchmal ungewollt einen Menschen, den er liebt. Der Erpresste hingegen leidet unter psychischem Druck, welcher auf Dauer krank machen kann.
Solltest du das Gefühl haben, emotional erpresst zu werden, gilt es schnell zu handeln. Zeige deinem Partner sein Fehlverhalten auf und kommuniziere klare Grenzen. Eine Therapie oder alternativ ein professionelles Coaching kann dich ebenfalls dabei unterstützen, dich aus dem Teufelskreis der emotionalen Erpressung zu befreien.