Sicherlich kennst du folgende Situation: Eine Kollegin, ein Freund oder Familienmitglied überrumpelt dich mit einer Bitte und du sagst spontan zu. Bereits im Moment der Zusage bereust du jedoch, dir den jeweiligen Gefallen aufgeladen zu haben. Du überlegst verzweifelt, wie du das alles schaffen sollst. Damit bist du nicht allein! Nein sagen fällt den wenigsten Menschen leicht.
Es gibt diverse Gründe, warum dir das Nein sagen schwerfällt. An erster Stelle ist die Angst vor Zurückweisung und Disharmonie zu nennen. Wir Menschen sind Herdentiere. Dieser Urinstinkt ist noch immer in uns verwurzelt. Dies belegt folgende wissenschaftliche Ausarbeitung.
Wer nicht zur Gruppe gehörte, hatte in der Urzeit geringe Überlebenschancen. Von daher sind wir noch heute bestrebt, von anderen Menschen akzeptiert zu werden. Indem du eine Bitte zurückweist, fürchtest du vermutlich, dass andere dich für egoistisch halten und dich ausgrenzen. Jeder Mensch möchte angenommen werden. Das ist ganz natürlich. Nur darfst du bei aller Hilfsbereitschaft deine eigenen Bedürfnisse nicht vergessen.
Ein weiterer Grund, warum du nicht Nein sagen kannst, könnte in der Erziehung liegen. Insbesondere Mädchen werden noch immer verstärkt dazu erzogen, freundlich und angepasst zu sein. Grundsätzlich ist Freundlichkeit etwas Erstrebenswertes. Gefährlich ist allerdings der (meist unbewusste) Glaubenssatz, dass du nur liebenswert bist, wenn du immer zu allem Ja sagst.
Die Grenze zwischen Hilfsbereitschaft und Selbstaufgabe ist fließend. Im Grunde genommen kannst nur du selbst spüren, wann sie überschritten wird. Gefälligkeiten, die du widerwillig erfüllst, lassen dich mit einem Gefühl der inneren Leere zurück. Hast du hingegen aus freiem Willen geholfen, erfüllt dich das Ergebnis mit Freude. Dies ist ein wichtiger Indikator.
Selbstverständlich gibt es im Leben Situationen, in denen man sich schlichtweg verpflichtet fühlt zu helfen. In dem einen oder anderen Fall ist es tatsächlich angebracht, jemand anderen zu unterstützen, obwohl man keine große Lust dazu verspürt. Wichtig ist jedoch, dass solche Ausnahmen nicht zur Regel werden.
Es gibt Menschen, die spüren, wenn ihr Gegenüber nicht Nein sagen kann. Hier besteht die Gefahr, ausgenutzt zu werden. Leider kommt das im Alltag ziemlich häufig vor. Die meisten Betroffenen wissen sogar, dass man sie ausnutzt. Dennoch kostet es immense Kraft, sich dagegen aufzulehnen. Die gute Nachricht lautet: Nein sagen kannst du lernen!
Wenn es dir schwerfällt, Nein zu sagen, können dir folgende Tipps helfen:
Die meisten bereuten Zusagen werden getroffen, wenn dich jemand mit seiner Bitte überrumpelt. Gewöhne dir daher ab, sofort zuzusagen. Bitte grundsätzlich um Bedenkzeit. Je nachdem, wie eilig das Anliegen ist, solltest du dir mindestens einen Tag Zeit lassen. So stößt du den anderen nicht vor den Kopf und schützt dich selbst. Nun kannst du nämlich in Ruhe abwägen, ob du der Bitte wirklich nachkommen kannst und willst.
Analysiere folgende Aspekte:
Beantworte diese Fragen am besten schriftlich in einer Art Pro- und Kontra-Liste. Hast du deine Entscheidung schließlich getroffen, dann vertrete sie selbstbewusst. Formuliere deine Absage freundlich, aber bestimmt. Möglicherweise gibt es anstelle eines Neins aber auch einen Alternativvorschlag, der für beide Seiten akzeptabel ist?
Hinter der Unfähigkeit, Nein zu sagen, verbirgt sich häufig eine diffuse Angst. Um gezielt etwas unternehmen zu können, solltest du herausfinden, wovor du dich genau fürchtest. Es existieren nämliche unterschiedliche Typen von „Ja-Sagern“:
Es mag nicht überraschen, dass alle fünf Ja-Sager-Typen destruktiv handeln. Es ist weder möglich, von allen gemocht zu werden (Jedermanns Liebling) noch gänzlich ohne Risiko zu leben (sozialer Angsthase). Das Ausmaß der Konsequenzen wird zudem oftmals überschätzt! Ein Nein wird kaum zum Ende einer aufrichtigen Freundschaft oder zum Verlust des Arbeitsplatzes führen.
Möglicherweise wird derjenige, dem du abgesagt hast, eine Weile eingeschnappt sein. Dieses – zugegebenermaßen – unangenehme Gefühl darfst du aushalten! Frage dich an dieser Stelle gern selbst mal, was dich daran triggert, dass eine andere Person möglicherweise gerade ein schlechtes Gefühl in dir auslöst? Woher kennst du das? Gestehst du dir überhaupt zu, glücklich zu sein, obwohl dieser Mensch es gerade nicht ist? Vielleicht hilft dir in solchen Situationen der Satz: „Alles, was dich trifft, betrifft dich!”, weiter.
Gehörst du zu den Menschen, die immerzu helfen, um Lob und Anerkennung zu erhalten? Oftmals tritt jedoch das Gegenteil ein, da dein Umfeld dein Engagement irgendwann als selbstverständlich erachtet (Mutter Theresa). Ein Grund mehr, öfter Nein zu sagen! Zudem solltest du Vertrauen in deine Mitmenschen entwickeln (der Unersetzliche). Lerne Schritt für Schritt, Verantwortung abzugeben.
Den Tipp zu analysieren, welche Opfer du zugunsten des Gefallens bringen müsstest, haben wir bereits kurz angesprochen. Hierauf wollen wir näher eingehen. Mache dir bewusst, welche Konsequenzen eine Zusage für dich hätte. Was könntest du alles in der Zeit erledigen, in der du jetzt den Gefallen erfüllst? Welche für dich wichtigen Dinge bleiben auf der Strecke?
Tipp: Rechne ruhig einmal die Stunden zusammen, die du damit verbringst, Aufgaben für andere zu übernehmen. Dies einmal schwarz auf weiß zu sehen, kann sehr lehrreich sein!
Weiterhin solltest du einmal auflisten, was es dich konkret kostet, nicht Nein sagen zu können. Nachfolgend einige Beispiele:
Ziehe abschließend eine Bilanz: Sind die „Kosten“ es wert, dass du den Gefallen erfüllst?
Selbstfürsorge hat nichts mit Egoismus zu tun. Dies solltest du dir vor Augen halten, wenn du nach einer erteilten Absage mit Schuldgefühlen zu kämpfen hast. Du kannst anderen Menschen nur dann helfen, wenn du auf dich selbst achtest. Hierzu gehört auch mal Nein zu sagen, wenn dir etwas zu viel wird. Niemand kann ständig für alle anderen da sein, ohne zwischendurch Kraft zu tanken.
Mache dir außerdem bewusst, dass du ein freier Mensch bist, der freie Entscheidungen treffen kann. Es ist nicht nur dein Recht, deine eigenen Bedürfnisse zu schützen, sondern deine Aufgabe. Wenn du etwas nicht machen möchtest, bist du in keiner Weise dazu verpflichtet. Lasse dich keinesfalls emotional erpressen! Nein heißt schlichtweg Nein. Du musst nicht diskutieren.
Nein zu sagen bedeutet nicht, dass du einen anderen Menschen sprichwörtlich vor den Kopf stoßen sollst. Übermittelst du deine Absage freundlich und respektvoll, kann dir niemand ernsthaft böse sein. Kommuniziere dein Nein trotzdem klar und deutlich! Zeige Verständnis für die Enttäuschung, ohne dich doch noch überreden zu lassen.
Auch wenn du dich grundsätzlich nicht rechtfertigen musst, kann es je nach Situation sinnvoll sein, deine Absage zu begründen. Wenn dein Gegenüber deine Beweggründe versteht, kann er mit der Absage oftmals besser umgehen. Es gibt leider immer wieder Menschen, die ein Nein nicht respektieren wollen. Insbesondere dann, wenn sie es von dir nicht gewohnt sind. Hier hilft nur Konsequenz:
„Ich weiß, dass du mich mit allen Mitteln überzeugen möchtest. Aber meine Antwort ist und bleibt Nein.“
„Dir ist es offenbar sehr wichtig, mich dabei zu haben. Ich kann aber nur nochmals wiederholen, dass es mir diesmal nicht passt.“
Wichtig: Achte unbedingt auf die Körpersprache! Halte deinen Oberkörper aufrecht und schaue deinem Gegenüber in die Augen. Vermeide es, nervös mit den Füßen zu zappeln oder deine Hände zu kneten. Sprich laut und deutlich, aber dennoch ruhig und sachlich.
Die Bedeutung der Körpersprache wird u. a. in folgendem wissenschaftlichen Fachbuch verdeutlicht: Körpersprache & Kommunikation - Nonverbaler Ausdruck und Soziale Interaktion.
Vielleicht magst du es anfangs nicht glauben, aber das Nein sagen wird dich nicht unbeliebt bei deinen Mitmenschen machen. Ganz im Gegenteil: Wer in der Lage ist, seine eigenen Bedürfnisse zu vertreten, wird eher respektiert als jemand, der zu allem Ja und Amen sagt.
Dennoch erfordern verschiedene Situationen des Neinsagens eine jeweils andere Handhabung. Deinem Chef wirst du sicher auf andere Weise absagen als einem engen Familienmitglied. Nachfolgend möchten wir die einige Praxisbeispiele zur Orientierung mit auf den Weg geben.
Dem Chef einen Gefallen abzuschlagen ist eine wahre Herausforderung. Eine bewährte Methode ist die subtile Ausweichstrategie:
„Ich habe leider nicht die Möglichkeit, heute länger zu bleiben. Aber ich könnte das Projekt mit Fristablauf vorziehen.“
„Ich muss noch einen Auftrag abschließen, kann mich aber morgen um die neue Angelegenheit kümmern. Falls es besonders eilig ist, könnten Sie Kollege XY ansprechen.“
„Leider schaffe ich das heute nicht mehr, da mir ein langes Telefonat mit dem Kunden XY dazwischen kam.“
Ist dir etwas aufgefallen? Jede Absage an deinen Chef sollte eine stichhaltige Begründung beinhalten. Diese muss zwingend der Wahrheit entsprechen! Fühlt der Chef sich gut informiert und kann die Gründe nachvollziehen (vielleicht hat Kunde XY ihn auch schon einmal stundenlang aufgehalten), wird er dein Nein leichter akzeptieren.
Neben der Ausweichstrategie gibt es noch weitere Methoden:
Dramatisieren
„Ich fühle mich mit der Aufgabe unwohl.“
„Ich kann diese Aufgabe nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.“
„Ich bin derzeit mit so vielen anderen Projekten betraut, dass ich dem Projekt nicht die Aufmerksamkeit zukommen lassen kann, die es benötigt.“
Folgen verdeutlichen
„Wenn ich diese Aufgabe vorziehe, wird sich der Fall XY noch weiter verzögern, was den Kunden verärgern könnte.“
„Ich kann die Aufgabe gerne übernehmen, möchte Sie aber daran erinnern, dass ich hierfür nicht ausgebildet bin.“
Abmachungen in Erinnerung rufen
„Sie hatten mir den freien Mittwoch zugesagt. Deshalb habe ich einen wichtigen privaten Termin, den ich nun nicht mehr verschieben kann, extra auf diesen Tag gelegt.“
„Wir hatten bereits darüber gesprochen, dass ich aufgrund meiner familiären Situation momentan keine Überstunden leisten kann.“
„Letzten Monat hatte, meines Wissens nach, das andere Projekt noch Priorität. Was hat sich geändert?“
Im Freundeskreis Nein zu sagen, ist mit der Angst behaftet, als egoistisch zu gelten. Das muss aber nicht sein. Wenn du dein Nein geschickt und respektvoll verpackst, werden deine (wahren) Freunde Verständnis haben.
„Ich kann leider am Samstag nicht kommen, da ich eine ziemlich harte Arbeitswoche hinter mir habe.“
„Leider fehlt mir die Zeit, einen Nudelsalat für die Party zu machen. Ich bringe aber gerne einen gekauften Salat mit.“
„Ich würde dir gerne helfen, aber leider habe ich von diesem Thema nicht wirklich Ahnung.“
„Diesmal müsst ihr leider ohne mich auskommen. Das nächste Mal unterstütze ich euch wieder.“
Innerhalb einer Familie erwartet man Unterstützung und Zusammenhalt. Dennoch ist auch hier die eigene Autonomie wichtig:
„Ich komme dieses Jahr nicht mit in den Familienurlaub, da ich Ruhe brauche.“
„Ich schaffe es nicht, heute nach der Arbeit noch einzukaufen. Wenn es eilig ist, musst du selbst in den Supermarkt gehen.“
„Ich kann dich Samstag nicht zu XY fahren, da ich bereits einen Termin habe.“
„Ich bin nicht bereit, die Feier für den runden Geburtstag alleine auszurichten. Ich brauche eure Unterstützung.“
Nein sagen bedeutet, dass du dein Lebensglück nicht von der Bestätigung anderer Menschen abhängig machst. Du weißt, wer du bist und was dir guttut. Leider nimmt das Selbstbewusstsein nicht selten im Laufe des Lebens Schaden, sei es durch eine besonders strenge Erziehung oder durch spätere negative Erlebnisse in Beruf und Partnerschaft.
Mangelndes Selbstbewusstsein lässt sich jedoch effektiv stärken, sodass du die Kraft (wieder)gewinnst, um für dich selbst einzustehen. In diesem Zusammenhang möchten wir dir unser 1,5-stündiges, kostenloses Selbstbewusstsein-Webinar ans Herz legen. Mithilfe gezielter Coachingmethoden lernst du, negative Glaubenssätze loszulassen und langfristig ein positives Selbstbild zu entwickeln.
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