Bist du aktuell in einer Beziehung? Oder möchtest du in einer Beziehung sein? Laut einer Harvard-Studie, tragen Beziehungen ganz wesentlich zu unserem Lebensglück bei. „Ich habe mir eine liebevolle, treue, respektvolle Partnerschaft gewünscht, in der ich mich weiterentwickeln darf und man sich auch als Paar weiterentwickeln kann. Die Realität war eine andere“, erzählt Birgit Untermair ganz offen auf der Rednernacht in der Volksbühne am Rudolfplatz in Köln. Was ist Beziehung für dich? „Oft höre ich auf diese Frage Antworten wie Schwer, mühsam, anstrengend oder Ich habe Angst, verlassen zu werden. In Österreich liegt die Scheidungsrate zwischen 41 und 43 %. In Deutschland zwischen 37 und 38 %. Jede fast 3. Ehe wird heute geschieden. Die Dunkelziffer derer Paare, die es aktuell in ihrer Partnerschaft nur noch aushalten, ist wahrscheinlich viel höher“, sagt die Rednerin.
„Ich habe mich gefragt, wie es geht, eine bedingungslose Beziehung führen zu können? Ich habe das selbst viele Jahre nicht erleben dürfen. Einer meiner Mentoren sagte: Es ist alles ein System. Erkenne deins. Und finde eins, was zu dir passt. Gleiche dich mit diesem an. Wenn man allerdings bis zur Hüfte im Opferland steckt, dann ist das gar nicht so einfach. Doch wir haben Wiederholungs-Systeme. Eine Klientin war mit einem Alkoholiker verheiratet. Sie sagte ihm: Entweder machst du einen Entzug oder ich lasse mich scheiden. Ihre Tochter stellte sich schützend vor den Kühlschrank und schwor sich mit vier Jahren: Ich werde in meinem Leben niemals ein Thema mit Alkohol haben. Heute ist die Tochter meiner Klientin verheiratet und Mutter. Und es ist ihre Tochter, die sich schützend vor den Kühlschrank stellt …“, erzählt Birgit Untermair.
Hattest du eine glückliche Mutter oder einen glücklichen Vater in deiner Kindheit? „Unsere Eltern haben in ihrem Leben Beziehung immer so gut gelebt, wie sie konnten“, fährt Birgit Untermair fort. „Und uns versucht zu zeigen, wie es geht. Aber wie sollen dein Vater oder deine Mutter Liebe weitergeben, wenn sie sie selber nicht erfahren haben? Ich selber bin in meinem Leben Opfer von emotionaler Gewalt geworden. Ich habe sehr oft mein Herz verraten, durchgehalten und ausgehalten, weil ich dachte: Das gehört sich so.“
Irgendwann landete ich in einer narzisstischen Beziehung. Man hat einerseits einen Mensch an seiner Seite, der in dir liest, wie in einem offenen Buch. Du fühlst dich angekommen und gesehen. Im Bruchteil einer Sekunde schwenkt die Stimmung um und du hast einen eiskalten Menschen an deiner Seite. Plötzlich wirst du für Dinge verantwortlich gemacht und fragst dich: Was ist jetzt passiert? Du wirst für das Gelingen der Beziehung verantwortlich gemacht. Ich fühlte mich mehr und mehr ungeliebt. Mein Tiefpunkt kam, als ich erfuhr, dass ich ungewollt von ihm schwanger war. Ich fühlte mich ohnmächtig.
Zu dem Zeitpunkt, kurz vor meinem 40. Geburtstag, traf ich eine Entscheidung: Ich wollte dem Kind und mir diesen Wahnsinn nicht antun. Also entschied ich mich gegen das Baby. Dieses „Sternchen“ hat mir einen riesigen Auftrag hinterlassen. Mein Partner kam und sagte zu mir: „Du bist heute überhaupt nicht echt und authentisch.“ Ich weinte. Danach legte er sich neben mich ins Bett. Machte das Licht aus und nahm mich nicht in den Arm. In diesem Moment bin ich für mich aufgestanden und habe mir geschworen: Nie, nie wieder werde ich mich so demütigen. Nie wieder geht ein Mensch so mit mir um.
Ich wollte wissen, warum ich in so ein System gerate. Die Reise zu mir selbst begann! Ich lernte, durch Ängste und Zweifel hindurchzugehen. Ich bekam meinen Diamanten im Schleifpapier. Heute darf ich in meiner Berufung Menschen genau dort helfen, wo ich damals stand. Und das Schönste ist: Ich darf seit drei Jahren mit dem Mann mein Leben verbringen, mit dem ich genau die Beziehung lebe, die ich mir immer gewünscht habe. Plötzlich ist Beziehung leicht, wo ich früher so oft gekämpft habe.
Wie geht das jetzt – die Geschichte mit der Selbstliebe und so – fragst du dich vielleicht. „Ich kann dir sagen: Es ist ein langer Weg. Aber er lohnt sich! Angenommen, du könntest dich hier und heute selbst heiraten: Würdest du jetzt 100 % JA zu dir selber sagen? Denn wenn du das nicht kannst, warum soll es dann eine andere Person machen? Angenommen, du bist ein Gefäß. Wir haben alle unsere Ecken und Kanten. In dem Gefäß sind alle deine Macken und Kanten. Deine unperfekten Perfektheiten. Ich sage mal, dein Selbstliebe-Glas ist zu 50 % gefüllt – wir streben aber nach Vollkommenheit, anzukommen – also nach unseren 100 %. Es entsteht also ein Mangel. Du bist ein Brauchender“, stellt Birgit klar.
Bei Damen ist das gerne Schuhe kaufen. Oder manche haben Angst, dass der Partner verschwindet. Es ist schnell eine unglaubliche Leere da. Wir haben es selbst in der Hand, dass unser Glas voll wird. Der Partner kann es nur temporär füllen. Oder die Kinder. Nur wenn die eines Tages aus dem Haus sind, ist vielleicht auch wieder die Leere da. „Wenn du einmal deine 100 % gespürt hast, dann liegt dir die Welt zu Füßen. Dann gibt es kein Brauchen und kein Drama mehr. Ich bin mir sicher, dann würden die Scheidungsraten um einiges sinken – wenn du anfängst, dein Glas zu füllen. Deine Einzigartigkeit und Besonderheit zu leben“, lautet Birgits Botschaft an das Publikum.
Was kannst du tun, um dein Glas zu füllen? Das glückliche Leben wird dich sicher nicht von der Seite anhüpfen und es ist alles gut. Dafür darfst du selbst aktiv werden.
„Das wünsche ich dir von ganzem Herzen. Erkenne deine Einzigartigkeit, fülle dein Glas“, appelliert Birgit, „es liegt in deiner Hand. Hast du einmal gespürt, was du dir wert bist, liegt dir die Welt zu Füßen.“