Dass die Gene unser Aussehen, den Charakter und unsere persönlichen Fähigkeiten prägen, ist hinlänglich bekannt. Darüber hinaus spielen Umwelteinflüsse bei der Entwicklung eine große Rolle. Es gibt verschiedene Faktoren, die bestimmte Gene aktivieren oder deaktivieren. Das dazugehörige Fachgebiet ist die Epigenetik. Der Begriff setzt sich aus „Genetik“ und „Epigenese“ zusammen. Bei der Epigenese handelt es sich um die Bildung neuer Strukturen.
Spezielle Situationen, Lebensumstände, Nahrungsmittel oder Gifte wirken so auf deine Gene ein, dass eine unmittelbare Veränderung eintritt. Es sind nicht nur die Gene selbst, die aktiv dein Leben in bestimmte Bahnen lenken, sondern auch äußere Einflüsse steuern deren Funktion.
Auf viele Menschen wirkt die Epigenetik ein bisschen gruselig. Sie denken dabei sofort an ein Chamäleon, das seine Farbe nach Belieben ändert, oder noch schlimmer, an einen Werwolf oder einen anderen Gestaltwandler. Doch all das hat mit der Epigenetik nichts zu tun.
Die Epigenetik untersucht den Einfluss äußerer Faktoren auf die Genaktivität. Die der Epigenetik zugrundeliegenden Mechanismen entscheiden über das An- oder Abschalten bestimmter Gene. Die genetisch verankerte Information im Erbgut bleibt davon unberührt.
Die Epigenetik löst keine Mutationen aus, sondern es findet eine Modifikation beziehungsweise Genregulation statt. Vielmehr erfolgt das Andocken chemischer Moleküle an die DNA-Struktur. Die epigenetischen Mechanismen funktionieren so ähnlich wie Schlüssel, die ein Schloss je nach Situation auf- und zuschließen.
Epigenetische Veränderungen finden durch die DNA-Methylierung statt. Dabei erfolgt das Anhängen von Methylgruppen an die informationstragenden DNA-Bausteine. Infolgedessen kommt es zur Deaktivierung des Gens. Verschiedene Enzyme sind dazu in der Lage, die Methylgruppe zu entfernen und diesen Vorgang rückgängig zu machen. Das Gen ist dann wieder aktiviert.
Der zweite Mechanismus basiert auf der Histonmodifikation. Die Histone erfüllen die Funktion einer Art Kabeltrommel, die die DNA so dicht verpackt, dass sie in den Kern der Zelle passt. Die Acetyl- und Methylgruppen kleben in diesem Fall an den Histonen. Diese sogenannte Histon-Methylierung oder Histon-Acetylierung verändert den Abstand zwischen den einzelnen Histonen und beeinflusst somit das Ablesen der genetischen Information.
Das beste Beispiel sind eineiige Zwillinge, die sich unterschiedlich entwickeln. Sie besitzen das gleiche Genom, doch die Epigenome unterscheiden sich oft deutlich. Das liegt an den verschiedenen Erfahrungen und Einflüssen. Kurzum, das, was du bist, verdankst du nicht nur deinen Genen, sondern auch deiner Umwelt, der Art und Weise, wie du aufwächst, womit du dich beschäftigst und wie man dich fördert.
Die Lebensumstände und Gewohnheiten machen einen Menschen zu dem, was er ist. Deshalb bekommen oft nicht alle zwei Zwillinge Diabetes, auch wenn die Veranlagung generell bei beiden Geschwistern vorhanden ist. Wie spanische Wissenschaftler herausfanden, ähneln sich eineiige Zwillinge als Kinder noch sehr stark. Mit dem Alter klafft der epigenetische Code immer weiter auseinander und es entstehen signifikante Unterschiede. Häufig entwickeln sich Zwillinge in völlig andere Richtungen, je nachdem, welches der vorhandenen Potenziale zur Reifung gelangt.
Bekanntlich senkt Grüner Tee das Krebsrisiko. Das liegt an der Substanz Epigallocatechin-3-Gallat (EGCG), die sich beim Aufbrühen des unfermentierten Tees löst. Diese reaktiviert ein Gen, welches den Bauplan eines krebsbekämpfenden Stoffs bereitstellt. Insbesondere bei vielen Senioren ist dieses Gen stummgeschaltet, was bei dieser Personengruppe die Bildung von Tumoren fördert.
Ein weiteres prominentes Epigenetik Beispiel ist die Bienenkönigin. Es ist der Weisel- oder Bienenköniginnenfuttersaft, das begehrte Gelée Royale, das aus einer herkömmlichen Bienenlarve eine Königin macht. Aus mit einfachem Honigpollenbrei gefütterten Larven entwickeln sich unfruchtbare Arbeiterinnen, obwohl diese die gleiche Genetik und somit auch das Potenzial zur Königin besitzen. Eine im Gelée Royal enthaltene Fettsäure aktiviert ein bislang stummgeschaltetes Gen.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs litten in den Niederlanden viele schwangere Frauen an einer Mangelernährung, infolgedessen ihre Kinder untergewichtig zur Welt kamen. Später fand man in ihrem Epigenom Veränderungen, die zu Übergewicht und Diabetes führten. Der Abbau von Zucker war gestört, weil ihr Körper nicht auf eine ausreichende Nahrungsversorgung programmiert war. Allerdings ist die epigenetische Prägung im Mutterleib nicht mit einer generationenübergreifenden Vererbung gleichzusetzen.
Erinnerst du dich an die Erlebnisse deiner Urgroßeltern? Du sicherlich nicht, aber vielleicht deine Gene. Fakt ist, dass die Wissenschaft die Frage nach der epigenetischen Vererbung über Generationen hinweg noch nicht eindeutig klären konnte. Aber es gibt Anhaltspunkte dafür, dass eine epigenetische Vererbung durchaus plausibel erscheint.
So vererben sich zum Beispiel bestimmte Talente und Vorlieben über Generationen hinweg. Ob dies auf den Erfahrungswerten der Vorfahren beruht oder auf genetischer Veranlagung, sei dahingestellt. Um spezielle Fähigkeiten auszubauen, müssen wiederum die Rahmenbedingungen passen. Nicht jedes Individuum entwickelt unter denselben Bedingungen das gleiche Talent.
Zu den Eigenschaften, die auf einer epigenetischen Vererbung basieren, könnten auch spezielle Hütefähigkeiten gehören. Die über die Jahrhunderte für die Arbeit am Rind gezüchteten Westernpferde verfügen zum Beispiel über den sogenannten Cow Sense, den besonderen Sinn für die Kuh. Die Pferde sind instinktiv dazu in der Lage, ihre Bewegungen mit denen des Rindes abzustimmen. Die Arbeit am Vieh liegt ihnen ebenso im Blut, wie vielen Hütehunden. Zwar liegt diesem Verhalten vermutlich kein epigenetischer Mechanismus zugrunde, der bestimmte Gene an- und ausschaltet, dennoch ist von einer erfahrungsbasierten Vererbung auszugehen.
Wie bereits erwähnt, gibt es spezielle Lebensmittel, die durch das Einwirken auf die Gene die Entstehung von Krebs verhindern. Darüber hinaus lassen sich mit den richtigen Kenntnissen Herzerkrankungen und Diabetes, aber auch Alzheimer vermeiden.
Derzeit ist die Epigenetik noch Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Forschung. Man will wissen, welche Lebensstile und Lebensmittel welche Gene wann ein- und ausschalten. Außerdem gehen die Forscher der Frage nach, ob sich das erworbene Wissen über die Epigenetik therapeutisch nutzen lässt.
Fakt ist, dass bei einigen Personen die genetische Veranlagung dazu besteht, unter bestimmten Voraussetzungen die ein oder andere Krankheit zu entwickeln, während das bei anderen nicht der Fall ist.
Wie Studien zeigen, verändern schlechte Erfahrungen das Epigenom. Säuglinge, die wenig Geborgenheit erfuhren, leiden oft noch in späten Jahren an einem gestörten Stresshormonsystem. Versuche mit Mäusen legen die Vermutung nahe, dass sich die epigenetischen Veränderungen sogar an die Nachkommen vererben. Das äußert sich unter anderem in einem risikofreudigen Verhalten.
Dass die Epigenetik das Verhalten beeinflussen kann, ist erwiesen. Sehr wahrscheinlich ist auch die Vererbbarkeit. Im Tierversuch zeigten die Nachkommen der traumatisierten Mäuse die gleichen Verhaltensauffälligkeiten wie ihre Mütter, obwohl sie selbst nie in eine derartige Stresssituation gerieten. Zudem waren Stoffwechselveränderungen feststellbar.
Interessant ist, dass positive Erfahrungen dazu beitragen, das Trauma zu überwinden und die Spuren im Erbgut zu tilgen. Die Mäuse legten nach einer deutlichen Besserung ihrer Lebensumstände das abnormale Verhalten ab und vererbten ihre erworbene positive Grundstimmung wiederum an ihre Nachkommen weiter. Diese Erkenntnis macht die Epigenetik für die Psychologie interessant.
Die Epigenetik spielt beim Coaching im psychotherapeutischen Bereich vielleicht schon bald eine größere Rolle. Man geht davon aus, dass die Epigenetik das Suchtverhalten und den Umgang mit Stress beeinflusst. Ein Zusammenhang mit der Entstehung von Depressionen ist ebenfalls möglich. Besonders fatal sind die epigenetischen Auswirkungen bei Babys, die zu wenig Fürsorge erhielten. Durch die Methylierung des Stresssystems erhöht sich das Risiko für Angststörungen, Depressionen und andere psychische Erkrankungen.
Der Grund, weshalb Wissenschaftler so eifrig die epigenetischen Prozesse untersuchen, liegt vor allem im medizinischen Bereich. Es geht in erster Linie darum, bislang genetisch unerklärbare Krankheiten besser zu verstehen. Man erhofft sich dadurch neue Erkenntnisse für den Umgang mit Diabetes, Schizophrenie und Alzheimer.
Wie bereits erwähnt, liefert die Epigenetik der Psychologie wertvolle Ansätze. Darüber hinaus gibt es Experten, die im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung und Transformation arbeiten und hierfür die innovativen Ansätze aus der modernen Epigenetik-Forschung nutzen. Ein solcher Epigenetik Coach ist zum Beispiel in den Bereichen Meditation, Körperarbeit, Emotionsregulierung und mentalem Training tätig.
Das Epigenetik Coaching zielt darauf ab, die Gesundheit zu erhalten und Blockaden zu lösen. Es führt zu mehr Selbstzufriedenheit und emotionaler Resilienz. Du lernst, dich besser selbst zu regulieren. Das Entdecken eigener Stärken und die Fähigkeit zu einem selbstbestimmten und autonomen Lebensstil ist ebenfalls Ziel des Epigenetik Coachings. Kurzum, der Coach animiert dich dazu, dein genetisches Potenzial voll auszuschöpfen.
Beim Epigenetik Coaching geht es um die Prävention. Der Coach weiß, dass die Ursache vieler Krankheiten in der Genaktivität zu finden ist. Er arbeitet auf einer tiefen Ebene und begünstigt nachhaltige Veränderungen, die die Lebensqualität dauerhaft erhalten. Durch das Verstehen der wechselseitigen Wirkung erhältst du eine wertvolle Unterstützung bei der Bewältigung von Problemen in verschiedenen Lebensbereichen.